Andacht vom 05. Mai 2013

05. Mai 2013 - Rogate

Hilft Beten?

„Lasst uns miteinander Singen, Beten und Loben den Herrn!“ So lautet ein Kanon. Das singt sich so leicht, aber... Die Sonntage nach Ostern: Kantate, Rogate, Exaudi fordern uns auf zu singen, zu beten, und Exaudi bedeutet Erhören. Morgen also geht es um Rogate, es geht um Beten. „Not lehrt Beten.“ heißt es im Volksmund. Aber wenn Gott nicht erhört, jedenfalls hört er es.

Die Diagnose der 15-jährigen Tochter lautete: Tumor am Knie. Wir beteten, dass Gott helfen möchte. Auch andere beteten für uns. Und dann teilte der Arzt uns mit, das Bein muss ab. Ein Schlag für uns alle. Unser Pflegesohn sagte: „Ihr habt immer gebetet und jetzt wird es schlimmer.“ Mit anderen Worten: „Was hilft Beten?“ Ich schrieb es dann nieder: Wie kann Gott das zu lassen? Warum lässt Gott das zu? Die Konfirmanden fragten sich auch, was hat der Pastor Verkehrtes getan?

So hieß es weiter in meinen Gedanken: „Im Gebet kann es nicht nur um ein Bitten gehen, um ein Abwenden des Unumgänglichen. Im Gebet geht es darum, dass mein Bitten mit Gottes Willen im Einklang steht, dass sich mein Wille dem Willen Gottes unterordnet, dass ich Ja sage zu dem Willen Gottes, auch wenn ich ihn nicht verstehe. Es kann sein, dass Gott mich prüfen will, ob ich an ihm festhalte, ob mein Glaube stark genug ist, ob mein Vertrauen rechtes Vertrauen bleibt, ob ich nicht zweifle an der Liebe Gottes. Denn Gottes Liebe ist es, die seinen Sohn in diese Welt dahingab, die ihn unschuldig leiden ließ, die ihn als Verbrecher sterben ließ. Warum lässt Gott das zu? Es ist allein die Liebe Gottes, die sich gibt, weil er liebt.“

Und dann fragte ich mich:
Grund zum Klagen?
Es gibt wohl Grund zum Klagen.
Wir dürfen auch klagen.
Doch wir wollen nicht klagen
und nicht verzagen,
sondern es Gott sagen,
dass er uns Kraft gibt zum Tragen.

Gott legt uns Lasten auf,
aber er hilft uns auch.
Sind die Lasten sehr schwer,
er hilft uns um so mehr.

Nicht klagen sondern Loben
unseren Vater dort droben.
Gott führt uns einen Weg,
den wir nicht gleich verstehn.

Doch wir müssen ihn gehen.
Da hilft kein Klagen,
sondern nur Ja sagen.
Wohl dem, der Gottes Weg bejaht
und im Leiden sich ihm naht.

Gott führt uns durch Dunkel und Leid
auch wieder zur Freud
bis wir ihn schauen in Ewigkeit.    

Gott hat unsere Bitten nicht erfüllt, die Tochter musste sterben. Aber er hat uns Kraft gegeben, dass ich weiterhin mit Freuden die Freudenbotschaft weiter geben konnte. Diese Kraft wünsche ich allen, die leiden und durch Schicksalsschläge getroffen sind.

von Walter Moritz, Pfarrer im Ruhestand in Werther.