Andacht zum 23. Februar 2014

23. Februar 2014 - Sonntag Sexagesimae

Als Theologiestudentin besuchte ich einen Kirchentag.  Auf dem „Markt der Möglichkeiten“, am Stand der Gehörlosenseelsorge, erzählte mir ein Mann von seiner Arbeit. Das hat mich sehr angesprochen. Schließlich sagte er: „Ich bin Pfarrer für Gehörlose. Wenn Sie das interessiert, gehen Sie doch mal zu einem Gehörlosengottesdienst in Ihrer Nähe.“ Dazu gab er mir eine Zeitung mit einer Auflistung aller Gehörlosengottesdienste aus ganz Deutschland. Ich habe dann wirklich einen Gehörlosengottesdienst besucht. Heute arbeite ich selbst als Gehörlosenseelsorgerin.

Dieses Erlebnis fiel mir ein, als ich den Wochenspruch für diese Woche las: Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verhärtet eure Herzen nicht.

Früher war man mal der Meinung, wer Gottes Wort nicht hören kann, kann auch nicht an Gott glauben. Heute ist klar, dass Menschen, die nicht hören können, das Wort Gottes ebenso gut in Gebärdensprache sehen und verstehen können. Denn das Hören allein ist es ja gerade nicht, sondern das Herz muss beteiligt sein. Das Wort Gottes nehmen Hörende wie Gehörlose vor allem mit dem Herzen wahr.

Wie können wir Gottes Stimme mit dem Herzen wahrnehmen? Der Schreiber des Hebräerbriefes zitiert das Alte Testament (Psalm 95). Dort geht es darum: Wer die Natur und den Menschen als wunderbare Schöpfung Gottes mit dem Herzen wahrnimmt, kann doch gar nicht mehr anders als Gott zu loben. So sollen auch die christlichen Leserinnen und Leser des Hebräerbriefs bedenken, was sie von Jesus und seiner Bedeutung wissen. Wer dies mit dem Herzen wahrnimmt, glaubt dann auch an ihn und bleibt dabei. Man soll sich also von dem, was einen im Herzen anspricht, leiten lassen.

Was nehmen wir im Herzen wahr? Vielleicht fühlen wir uns tief angesprochen durch einen Bibeltext oder die Natur. Vielleicht begegnen uns Menschen, wo wir spüren, dass sie uns brauchen. Vielleicht beschäftigt uns eine Idee, die wir umsetzen möchten. Also: Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verhärtet eure Herzen nicht.


von Heike Kerwin, Pfarrerin für die Gehörlosen-Seelsorge im Evangelischen Kirchenkreis Halle