Andacht zum 18. Oktober 2020

Wort zum 19. Sonntag nach Trinitatis, 18. Oktober 2020

„Bleib gesund“ oder „bleiben Sie gesund“ – so enden jetzt viele E-Mails, die ich bekomme oder selbst schreibe. Gerade jetzt, wo unsere Gesundheit durch die Pandemie bedroht ist, scheint dieser Wunsch schon fast zum höflichen guten Ton zu gehören. Vielleicht haben Sie in den vergangenen Monaten eine ähnliche Erfahrung gemacht. Gesundheit ist für unser Leben sehr wichtig, das wird uns gerade jetzt nochmal richtig bewusst. Was macht Gesundheit aus? Dass ich mich richtig wohl fühle? Dass es mir richtig gut geht? 

Neben allerlei körperlichen Krankheiten fallen mir noch weitere Einschränkungen ein, die verhindern, dass es mir gut geht: belastende Schuld, bedrückende Sorgen, permanente Überlastung oder Frustration. Das sind nur wenige Beispiele, und es ist keine Frage, dass auch alles das auf Dauer richtig krank machen kann.

Dazu, dass es mir richtig gut geht, gehört mehr als nur Gesundheit. Dieser Zustand wird in der Bibel als „Heil“ bezeichnet.

Der Prophet Jeremia bittet: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil. Hilf du mir, so ist mir geholfen.“ Auch Jeremia geht es dabei wohl nicht darum, von einer Krankheit geheilt zu werden. Der Zusammenhang, in dem der Satz steht, deutet darauf hin, dass es eher um so etwas wie soziale Anerkennung bzw. Erfolg des eigenen Arbeitseinsatzes geht. Denn Jeremia erlebt von den Mitmenschen nicht ernst genommen zu werden, weil das, was er im Auftrag Gottes angekündigt hat, noch nicht eingetreten ist. 

Heilung ist also immer mehr als ein medizinisch verifizierbarer körperlicher Vorgang. Deswegen verbindet sich die Bitte um Heilung mit dem Verlangen nach umfassender Hilfe, die von Gott erwartet wird, weil zum Heil im biblischen Sinn natürlich auch die Gottesbeziehung gehört.

In diesen Tagen, wo wir uns selbstverständlich alle Gesundheit wünschen, kann die Bitte Jeremias unseren Blick weiten, dass nicht nur Gesundheit, sondern darüber hinaus umfassendes Heil für unser Leben wünschenswert ist.

 

Heike Kerwin ist Pfarrerin für die Blinden- und Gehörlosenseelsorge