Andacht vom 26. August 2012

26. August 2012 – 12. Sonntag nach Trinitatis

„Kaktus-Menschen“

Haben Sie schon einmal Bekanntschaft mit einem Kaktus gemacht? Das ist oft eine sehr schmerzliche Angelegenheit. – Egal wo oder wie man den Kaktus ihn anfasst, überall sind Stacheln im Wege. Jedoch sagt ein Sprichwort: KEIN KAKTUS HAT SO VIELE STACHELN, DASS NICHT NOCH PLATZ FÜR EINE BLÜTE WÄRE!“
Sind Sie schon einmal einem Menschen begegnet, der mit einem Kaktus zu vergleichen wäre?

Das heißt, ganz gleich, wie Sie sich ihm nähern, egal wie Sie sich ihr gegenüber verhalten; was auch immer Sie sagen oder tun – instinktiv stellt er/sie die Stacheln auf und nimmt eine Abwehrhaltung ein oder wird sogar verletzend. Es gibt Menschen, denen in der Beziehung zu anderen ihre Stacheln im Wege stehen, und die mit ihren Stacheln anderen bewusst oder unbewusst wehtun.

Aber: Haben Sie auch schon einmal einen blühenden Kaktus bewundern können? Gut, man muss oft große Geduld mit diesen exotischen Gewächsen haben – Monate, manchmal sogar Jahre, bis sich endlich etwas tut. Aber wenn dann so ein Kaktus –z.B. die „Königin der Nacht“ – endlich blüht, dann gehören diese Blüten mit zu den schönsten, die es in der Natur gibt.

Auch bei jedem Menschen ist das so: Selbst, wenn er/sie noch so viele „Stacheln“ oder gewöhnungsbedürftige Eigenarten an den Tag legt, – der Ansatz zu einer prächtigen „Blüte“ ist auch bei einem solchen „Kaktus-Menschen“ vorhanden. Leider fehlt uns allzu oft die Geduld, die Liebe, das Vertrauen, um einem „Kaktus-Menschen“ die Zeit zu lassen, bis sich die „Blüte“ entfaltet.

Die Bibel berichtet, dass Jesus es häufiger mit solchen „Kaktus-Menschen“ zu tun hatte. Menschen, die ihre „Stacheln“ zeigten. Jesus ließ sich davon nicht beirren. Er begegnete diesen „ganz speziellen“ Menschen mit Verständnis und Wärme, mit großer Liebe und unendlicher Geduld. Dem betrügerischen Zolleinnehmer Zachäus genauso wie dem stadtbekannten Freudenmädchen, dem reichen Playboy genauso wie den beiden Verbrechern, die mit ihm gekreuzigt wurden. Und Jesus ist es gelungen, die verborgenen Blüten dieser „stacheligen“ Menschen zur vollen Entfaltung zu bringen.

Gut, Sie und ich sind nicht Jesus, aber es lohnt sich, auch in unseren oft „stacheligen“ und verletzenden Alltagsbegegnungen die Augen offen zu halten, um bei anderen Menschen „Blütenansätze“ zu entdecken und mitzuhelfen, diese irgendwann zur Entfaltung zu bringen.

Ein letztes: Wissen Sie überhaupt, wie viele Stacheln Sie selber haben; und wie oft Sie andere Menschen damit pieksen oder verletzen?
Wie dem auch sei, – vergessen Sie bitte nicht: KEIN KAKTUS – UND AUCH KEIN MENSCH – HAT SO VIELE STACHELN, DASS NICHT NOCH PLATZ FÜR EINE BLÜTE WÄRE!“

von Lothar Becker, Pfarrer i.R.