Andacht vom 16. Oktober 2011

16. Oktober 2011 - 17. Sonntag nach Trinitatis

Woche des Sehens

„Gott hat mich aus den Augen verloren!“ So klagte mir ein älterer Mann sein Leid. Seine zunehmende Sehbehinderung hat ihm zu schaffen gemacht, und er fühlte sich von Gott im Stich gelassen. Fast hätte er seinen Glauben an Gott verloren.

Es ist nicht leicht, aufs Autofahren verzichten zu müssen, nur mit Mühe die richtige Ware im Supermarkt zu finden und eine zum Gruß ausgestreckte Hand nicht erkennen zu können. Manche Betroffene sehen nur noch die Einschränkungen in ihrem Leben und hadern mit ihrem Schicksal, ziehen sich zurück. Die „Woche des Sehens“, die an diesem Wochenende mit dem „Internationalen Tag des Weißen Stockes“ zu Ende geht, wollte sehbehinderten Menschen Mut machen: Sehen, was geht – auch mit Sehbehinderung! Mit gezieltem Training für Mobilität und lebenspraktische Fähigkeiten und mit Hilfsmitteln wie Vergrößerungsgeräte und sprechende Uhren.

Wer mehr darüber wissen will, kann sich bei einer Hilfsmittelausstellung am Samstag, 29. Oktober, von 11 bis 16 Uhr in der Beratungsstelle des Blinden- und Sehbehindertenvereins für den Kreis Gütersloh (Sieweckestraße 2, Gütersloh) informieren.

Es ist allerdings oft ein mühsamer Weg, seine Beeinträchtigung akzeptieren zu können und  offen zu sein für Hilfen und Hilfsmittel. Wer sich zurückgezogen und verschlossen hat, braucht Zuspruch und Ermutigung, auch aus dem christlichen Glauben, denn Gott übersieht niemand. In einer neuen Broschüre des Dachverbands der evangelischen Blinden- und Sehbehindertenseelsorge in Deutschland stehen die schönen Sätze: „Gott sieht die Menschen, ihre unterschiedlichen Gaben und Fähigkeiten, ihre unterschiedlichen Lasten und Einschränkungen. Er achtet jeden Menschen als wertvolles Geschöpf. Wir werden von ihm angesehen in unserer Einzigartigkeit.“

Bei Gott hat jeder Mensch ein hohes Ansehen. Gott wendet nie seinen Blick vom Menschen ab. Ihm können wir blind vertrauen.

Udo Waschelitz (Halle) ist Laienprediger und Synodalbeauftragter für die Blinden- und Sehbehindertenseelsorge im Evangelischen Kirchenkreis Halle