Andacht vom 01. Dezember 2013

01. Dezember 2013 - 1. Advent

Erklären Sie das mal jemandem! Dass man den Vorweihnachtsrummel mitmacht, aber eigentlich dagegen ist. Dass die Gemeindepfarrer/innen von einer besinnlichen Feierstunde zur nächsten hetzen, aber überall stille Nachdenklichkeit empfehlen. Machen Sie mal plausibel, dass so ein/e Pfarrer/in gegen den alljährlichen Kaufrausch die Beschränkung auf das „Wesentliche“ predigt, aber jeden Adventssamstag – genau wie viele andere auch – durch die Kaufhäuser zieht, um alle Geschenke und Überraschungen zu besorgen. Dass man die kerzenromantische Schönheit des Brauchtums gut findet, aber die konsumorientierte Sinnentleerung des Festes schlecht. Dass die alljährliche Steigerung des Dekorationstriebes der Menschen seinen Lauf nimmt, aber sich nur wenige über die damit zusammenhängende Umweltbelastung Gedanken machen...

Dazu ein paar Zahlen:
Lametta enthält zu 98 Prozent Blei, Christbaumkugeln sind aus cadmiumhaltigen Schwermetallen und Wunderkerzen verbreiten giftiges Barium-Nitrat. - Nur die heimische Rotfichte mit Strohsternen, eigenen Äpfeln und Bienenwachs-Kerzen wäre der schöpfungsschonende Weihnachtsschmuck. Zudem müsste der Schlitten des Nikolauses rund 378.000 Tonnen Geschenke transportieren, wenn er jedem Kind aus den christlich geprägten Familien der Weltbevölkerung 1 Kilogramm Spielzeug bringt. Ein gesundes Rentier kann ungefähr 175 Kilo ziehen, was zur Folge hätte, dass der Nikolaus 216.000 Rentiere im Gespann benötigen würde, um die ganze Last auszuliefern...

Nun aber den Spaß beiseite, denn wir alle haben so unsere ganz konkreten Vorstellungen von den Abläufen dieser besonderen Tage im Jahreslauf, - ganz zu schweigen von dem alljährlich wiederkehrenden Terminstress...Da kann die ursprüngliche Bedeutung von Advent und Weihnachten schnell ins Hintertreffen geraten oder sogar untergehen. Damit genau das nicht passiert, erinnere ich gern an die Ursprünge:

Advent heißt Ankunft! Manche mögen spontan an die Ankunft des Weihnachtsgeldes denken, sofern dieses noch oder wieder gezahlt wird, an termingerechte Geschenklieferungen oder an die Ankunft der Schwiegereltern. Doch in unserer speziellen Situation ist mit der Ankunft die Ankunft Jesu gemeint. In diesen 4 Adventswochen sollten wir uns auf die Geburt Jesu in unserer Welt, in unserem Leben und in unseren Herzen vorbereiten. Die Geburt Jesu steht im Mittelpunkt dieser Tage. Die alttestamentliche Verheißung des Propheten Jesaja erfüllt sich z.B. im Johannesevanglium (1,1ff) in dem Vers: „Das Wort wurde Fleisch und wohnte mitten unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit.“ Es geht um die Menschwerdung Gottes, die unser normales Denken übersteigt und damit unser Leben durchkreuzt. Es geht um die Geburt Jesu, die als etwas besonders Herrliches gesehen und erwartet wird.

Die Menschwerdung Gottes, die ganz klein und zart mit dem Säugling Jesu in der Krippe ihren Anfang nimmt. Eine Geburt, die uns aufrütteln soll, uns von eingefahren Bahnen und Gewohnheiten abbringen soll, uns neue Aufbrüche wagen lässt und uns einen neuen Blick auf unser Leben und unsere bisherige Lebensgestaltung werfen lässt. Schauen wir zurück in die Geschichte, können wir uns in Erinnerung rufen, dass die Adventszeit ursprünglich eine Buß- und Fastenzeit war, die 2 – 7 Wochen dauern konnte, vergleichbar den „7 Wochen ohne“ vor dem Osterfest. Mit dem Buß- und Bettag um den 20. November herum wurde die adventliche Buß- und Fastenzeit eingeleitet und bedeutete: Bewusstmachung von Schuld und Fehlern im Umgang mit unseren Mitmenschen und Verzicht auf Leckerein, süßes Gebäck und üppiges Essen. Dieses Fasten wurde mit besonderen Mahlzeiten an Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen gebrochen und war eine schöne Begleiterscheinung, die Geburt Jesu gebührend zu feiern.

Vermutlich hat sich das ursprüngliche Fasten ab dem 1. Adventssonntag bei uns längst erledigt, wenn sich wieder Advents- und Weihnachtsfeiern aneinanderreihen und sich manche bereits mit der Rückkehr aus dem Sommerurlaub über Lebkuchenherzen und Schokoweihnachtsmänner oder –frauen in den Supermärkten geärgert haben. Stattdessen würden sich wohl kirchliche Würdenträger/innen über das Angebot von Feuerwerkskörpern ab Ende November freuen, um mit diesen in der Nacht zum 1. Advent den Beginn des neuen Kirchenjahres würdevoll und unüberhörbar zu feiern.

In diesem Sinn wünsche ich Ihnen und Euch allen eine bewusst gestaltete Adventszeit, in der dann und wann der eigentliche Sinn dieser Tage aufleuchtet und uns hier und da einmal innehalten und die Terminbremse ziehen lässt, eine bewusste Veränderung in uns auslöst oder in der sich unsere Blickrichtung und Lebenszielführung neu einstellen lässt. Öffnen wir in diesen Tagen unsere Herzen und Gedanken für die Menschwerdung Gottes in unserer Welt und die anrührende, begeisternde und verändernde Kraft, die damit verbunden ist.

Tja, machen Sie das mal jemandem klar!

von Christiane Karp-Langejürgen, Pfarrerin am Berufskolleg Halle/W.