Andacht vom 03. November 2013

03. November 2013 - 23. Sonntag nach Trinitatis

Wir sind mitten im Herbst angekommen, in der dritten Jahreszeit. Die Tage werden spürbar kürzer, die Sonne versinkt viel früher am Horizont, die Abende sind empfindlich kühl geworden.

Die Blätter fallen, die Bäume beginnen, ihr buntes Kleid langsam abzulegen. Nicht mehr lange werden wir ihre bunte Farbenpracht bewundern dürfen. Die fallenden Blätter kündigen ihre Kahlheit an, mit der sie den Winter erwarten, bevor der erste Schnee ihre kahlen Zweige bedeckt. Abschiedsstimmung liegt in diesem Bild. Melancholie, Wehmut, Bedauern über den Glanz verloren gegangener Tage. Es ist ein in sich stilles, aber doch banges Ergeben in den Prozess des langsamen Absterbens, wenn Blatt für Blatt dahinwelkt und sich mit dem dunklen Erdreich vermischt.

Sind es wirklich nur die Blätter, die jetzt im Herbst von den Bäumen fallen? Ist es tatsächlich nur die Natur, die dem Sterben entgegenbangt? Was wir im Herbst in der Natur beobachten, ist auch unser eigenes Schicksal. Denn zerbrechlich und vergänglich ist auch unsere menschliche Existenz. Und doch fallen wir nicht in einen Abgrund. Denn da ist einer, der dieses Fallen sanft in seinen Händen hält.

„Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand, die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.“ Dieses Lied (Evangelisches Gesangbuch, Nr. 533) von Arno drückt es aus: Mag alles Fallen der Schöpfung unaufhaltsam sein, so ist doch unter alledem ein Netz gespannt, gewebt aus Gottes Liebe und Barmherzigkeit, ein Netz, das alles Fallen auffängt und sanft in seinen Händen hält.

Das ist ein heller Hoffnungsstrahl in einer Zeit, in der die Tage kürzer und die Nächte länger werden, in der die Blätter von den Bäumen fallen und uns an unser eigenes Fallen erinnern. Ein Bild, das Mut macht, dem Leben zu vertrauen und sich dem Rhythmus hinzugeben, in dem sich  jedes Jahr bewegt.

Ja, alle Zeit steht in Gottes Händen. Auch die Jahreszeiten – Frühling, Sommer, Herbst und Winter.

von Jens Christian Weber, Pfarrer in der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Halle