Andacht vom 10. Februar 2013

10. Februar 2013 - Estomihi

Aufbrechen

Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist…

Im Gottesdienst singt sich das Aufbrechen sehr schwungvoll und ganz leicht, vielleicht auch deswegen, weil der Aufbruch zu neuen Wegen im Lied mit einer alt vertrauten Melodie daher kommt. Wir wissen alle, dass das im richtigen Leben nicht immer so schwungvoll gelingt. (Schon das morgendliche Aufstehen in winterdunklen Zeiten…)

Hilft nichts: Immer wieder müssen wir aufstehen und aufbrechen, Vertrautes zurück lassen, uns von Gewohntem verabschieden, müssen uns auf Neues und Unbekanntes einlassen. Auch als Kirchengemeinden müssen wir neue Wege suchen – zu Beginn vielleicht angestoßen von dem sich abzeichnenden Einbruch der Kirchensteuern. Doch nun stellt sich in vielen Beratungsprozessen heraus, dass der Vorsatz „Wir müssen sparen!“ nicht ausreicht. So wichtig es ist und sein wird, in Sachen Finanzen umzudenken, so wenig wird dieser Vorsatz allein für den Weg reichen. Zuerst und vor allem müssen wir aufbrechen: aus den vertrauten Mustern unseres Denkens und Handelns, aus den gewohnten Strukturen und dem festen Rhythmus unserer Terminkalender…

Ihr werdet in Freuden ausziehen und in Frieden geleitet werden! ( Jesaja 55, 10 )
Sagt der zweite Jesaja zu solchen, denen erst mit dieser Aufforderung deutlich wird, wie sehr sie sich eingerichtet haben, die Großeltern sehr unwillig und klagend, weil weit weg vom vertrauten Zuhause, von Gottesstadt und Gotteshaus. Aber mit jeder neuen Generation hatten sie sich mehr eingewöhnt. Und jetzt redet Jesaja vom Aufbrechen in die alte Heimat, die gar nicht mehr vertraut und einladend, sondern fremd und verwüstet ist.

Jesaja will Mut machen, denn nach biblischer Überzeugung ist es nicht nur mühsam und anstrengend, sondern vor allem gut und heilsam, wenn wir von Gott immer wieder auf neue Wege gewiesen werden. Wir können diesen Mut gut brauchen, damit wir zuversichtlich neue Wege und ihre Wagnisse eingehen,  auch wenn wir damit scheitern können. Eine Kirchengemeinde prämiert jedes Jahr bewusst ein gescheitertes Projekt, nicht, weil sie sich über den Misserfolg lustig machen will, sondern weil sie Mut machen möchte zu Experiment und Aufbruch. (vgl. Aus der Praxis-für die Praxis 2013, S. 21)

Menschen, die das Risiko scheuen, gehen das größere Risiko ein, warnt George Kennan. Jesaja soll in Gottes Namen Mut machen. Und wir können diesen Mut gut brauchen, damit auch wir in Freuden ausziehen und in Frieden geleitet werden!
Christiane Becker, Pfarrerin in Versmold