Andacht vom 14. April 2013

Wort zum Sonntag Misericordia Domini 14. April 2013

Am 19. April jährt sich zum 70. Mal der Jahrestag des Aufstands im Warschauer Ghetto: Am 19. April 1943 begann er. Das Warschauer Ghetto war eine Stadt in der Stadt. Dort „lebten“ nur Juden, zusammengesperrt von den nationalsozialistischen Besatzern. Ab 1940 „lebten“ zeitweise bis zu einer halben Million Menschen in diesem menschenfeindlichen Ghetto unter grausamen Bedingungen. Nach und nach wurden sie in die Vernichtungslager verschleppt. Anfang 1943 haben im Ghetto noch etwa 40.000 Menschen gelitten. Etliche von ihnen beschlossen, den sicheren Tod vor Augen, bewaffneten Widerstand zu leisten gegen die SS-Einheiten. Am 19. April 1943 begann eine jüdische Kampforganisation den mehrere Wochen dauernden Aufstand. Bis in den Mai hinein wurde er grausam niedergeschlagen und auch die letzten „Bewohner“ des Warschauer Ghettos in die Vernichtungslager nach Ausschwitz, Majdannek und Sobibor deportiert.

Nicht zuletzt durch die Autobiographie des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki, einem der letzten lebenden Augenzeugen des Aufstands, haben wir auch heute noch vor Augen, in welchem Mut und welcher Verzweiflung jüdische Menschen gegen den menschenverachtenden Terror deutscher Soldaten und SS-Angehöriger gekämpft haben.

Mit der jüdischen Kultusgemeinde beten Christen auch an diesem Sonntag mit den Vertrauensworten des 23. Psalms: „Der Herr ist mein Hirte. Mir wird nichts mangeln…“

Es ist unendlich schwer, an die beschützende und bewahrende Führung des guten Hirten zu glauben. Und dennoch haben auch Menschen mitten in diesen Grausamkeiten Gott angerufen mit Psalmworten, die mein Herz auch heute noch berühren: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück.“
Es ist gut, den Menschen zu trauen, die auch mitten im Schmerz, umgeben von Grausamkeit und Tod, noch gebetet haben: „Denn Du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich.“

Der christliche Glaube ist nicht nur für die schönen Tage im Leben da. Er sagt auch, wie Jesus zu Petrus: Du wirst geführt werden, wo Du nicht hin willst. (Johannes 21,18) Und dennoch bittet Jesus seinen Freund eindringlich: Hab mich dennoch lieb! Und weide meine Lämmer!

Gott und den Nächsten zu lieben, ist manchmal die einzige Hoffnung, die im Schmerz noch bleibt und über den Schmerz hinweg hilft.

Kirsten Schumann, Pfarrerin in Steinhagen