Andacht vom 14. Juli 2013

14. Juli 2013 - 7. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Leserinnen und Leser,

haben Sie eigentlich schon mal in einer Wohngemeinschaft, einer WG gelebt? In einer WG kommen oft Menschen zusammen, die sich bis dahin gar nicht gekannt haben. Es sind Zweckgemeinschaften, in denen oft junge Menschen eine preiswerte Wohnmöglichkeit suchen und daher manchmal teure Wohnungen mit anderen teilen. Doch oft passt die bunt zusammen gesetzte Gruppe nicht immer zusammen.

In anderen Fällen ziehen gute Freunde zusammen, die glauben, dass sie gut miteinander klar kommen und so nicht nur Miete sparen, sondern auch noch Spaß miteinander haben können in einer gemeinsam gemieteten Wohnung. Doch so Zimmer an Zimmer und bei der gemeinsamen Küchen- und Badbenutzung stellt man so manches Mal Angewohnheiten am Freund oder an der Freundin fest, die einem gar nicht so recht gefallen.

So sind WGs in der Regel sehr konfliktreiche Gemeinschaften. Und je enger man zusammen lebt, desto mehr Konfliktpotential häuft sich an.
„Bist du nicht dran mit Badputzen?“
„Ja, wieso.“ 
„Und wann hast du vor, das zu machen?“
„Hab' ich doch gestern Nachmittag gemacht. Ist doch sauber!“
“Das nennst du sauber? Da liegen doch immer noch die Haare von ...“ Und so weiter und so fort.
WGs haben eine hohe Fluktuation. Der eine geht, die nächste kommt. Und Konflikte sind oft eine Ursache.

In der kommenden Woche erreicht uns eine merkwürdige Wohnungsanzeige des Apostel Paulus, der uns einen Platz in einer WG mit Gott verspricht. Da schreibt er im Epheserbrief: „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“ Hat Gott sich das gut überlegt, mit uns Menschen des 21. Jahrhunderts in eine WG zu ziehen? Sind da nicht Konflikte vorprogrammiert? Gott holt sich Mitbewohner ins Haus, die oft alle Formen der Gewalt bis hin zu Kriegen einsetzen, um eigene Interessen durchzusetzen. Menschen, die gar nicht mehr bereit sind, Gott den nötigen Respekt zu erweisen. Gibt das nicht Hauen und Stechen? Oder fliegen wir nach kurzer Zeit wieder raus?

Aber Gott ist eben ein Gott der Geduld und der Liebe. Er gibt uns die Chance, mit ihm zu leben und von ihm zu lernen, und das ganz ohne Miete. Wir sind Gott nicht fremd mit unserem Scheitern, doch hat er auch das Zutrauen zu uns, mit ihm ein Haus der Liebe zu gründen. So können wir in Gottes WG einziehen und von Gott lernen. Denn was unsere friedlose Welt braucht, ist Liebe und nichts als Liebe. Und Liebe kommt von Gott, unserem Hausgenossen.

Rüdiger Schwulst ist Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Versmold und als Religionslehrer in den Schulen des Christlichen Jugenddorfs unterwegs.