Andacht vom 02. März 2014

02. März 2014 - Estomihi

„Ich werde noch verrückt!“ schimpft die Mutter, als die Kinder mit matschigen Schuhen durch den frisch geputzten Flur laufen. „Ich werde noch verrückt!“ stöhnt der Mann, als die zwanzigste Absage auf seine Bewerbung im Briefkasten liegt. „Ich werde noch verrückt!“ seufzt der Patient, als der Arzt ihm die neueste Diagnose mitteilt. Wir werden in unserer Welt verrückt. Vor allem, wenn Dinge passieren, die wir nicht ändern können. Wenn wir Problemen hilflos gegenüber stehen und alles ins Leere läuft, was wir versucht haben. Wer verrückt wird, der verliert innerlich den Halt. Der muss den Platz verlassen, auf dem er eigentlich bleiben wollte. Wenn ich nicht verrückt werden will, brauche ich etwas, das unverrückbar ist. Das fest steht, egal was drumherum passiert. So etwas wie einen Fels in der Brandung. Nicht nur einen kleinen Stein, sondern ein richtiges Massiv. Einen Felsen, der Stürme übersteht, der mich aushält und mir Halt gibt.

Dieser Sonntag trägt den Namen „Estomihi“. Mit diesen Worten beginnt in der lateinischen Übersetzung ein Gebet von König David. Er macht vor, wie es funktioniert. Er wendet sich in seiner Unsicherheit an Gott und bittet: „Sei mir ein starker Fels.“ (Psalm 31,3). Damit sagt er: Ich will mir wieder klar machen, dass Gott mein fester Halt ist. Er verändert sich nicht. Auf ihn kann ich mich verlassen. Denn er ist mein Fels in der Brandung des Lebens!

Aber jede Stärke hat auch ihren Schatten. So ein Fels ist unbequem. Er macht keinen Platz, wenn er im Weg ist. Er ändert seine Position nicht. Er bleibt stehen, auch wenn er mich stört und ich mich an ihm stoße. Darum bedeutet das Gebet von David: „Herr, ich will bei dir bleiben, auch wenn ich nicht alles verstehe, was in meinem Leben passiert. Sei mir ein starker Fels - auch wenn ich mich an dir und deinen Entscheidungen reibe. Sei mir ein starker Fels – auch wenn sich in meinem Leben gerade so viel überschlägt. Denn du bist unverrückbar. Und nur bei dir werde ich in dieser Welt nicht verrückt!“

von Olaf Wahls, Steinhagen
Prediger der Landeskirchlichen Gemeinschaften im Bezirk Bielefeld"