Andacht vom 26. Januar 2014

26. Januar 2014 - 3. Sonntag nach Epiphanias

Immer weniger Menschen in Deutschland sind bereit, nach ihrem Tod ein Organ zu spenden. So stand es kürzlich in der Zeitung. Die Gründe scheinen klar zu sein. Vor knapp zwei Jahren deck-ten Reporter auf, dass Ärzte in Göttingen und anderen Transplantationskliniken es mit ihren Regeln nicht so genau genommen haben. Diese Regeln betrafen die Frage: Welcher Patient bekommt wann ein Spenderorgan? Sie sollten helfen, diese schwierige Frage möglichst gerecht zu entscheiden. Denn es ging und geht dabei um Leben oder Tod. Spätestens seitdem steht der Verdacht im Raum, dass selbst Mediziner ihre Heilkunst nicht mehr ohne Ansehen der Person ausüben.

„Ohne Ansehen der Person“ – in vielen Bereichen sieht es so aus, als würde dieser Grundsatz nichts mehr gelten. Ein ehemaliger Bundespräsident muss sich vor Gericht verantworten, weil er sich möglicherweise für spendable Unternehmer mehr eingesetzt hat als für andere. Seine Anklä-ger sehen sich ihrerseits dem Vorwurf ausgesetzt, sie wollten bloß einen ranghohen Politiker stürzen. Und nicht nur „die da oben“ tun sich schwer, ohne Ansehen der Person zu entscheiden. Wenn es um Menschen geht, die in Deutschland Arbeit oder Asyl suchen, fragen viele zuallererst: Was kosten uns diese Leute? Was nutzen sie uns?

Kein Wunder, dass in dieser Atmosphäre kaum einer mehr Organe spenden will!
Die Bibel berichtet von einer anderen Atmosphäre. Petrus sagt dort einmal: „Nun erfahre ich, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und recht tut, der ist ihm angenehm“ (Apg 10,34f.). Petrus spricht von Jesus Christus. Und er fügt an, dass dieser Jesus Christus sogar noch weiter geht und auch die zu sich ruft, die schuldig geworden sind. Er ruft sie zu sich, ohne auf ihre Person zu schauen, ohne Leistungen und Schuld gegeneinander aufzurechnen.

Wer sich diesem Gott anvertraut, wird ein anderes Klima erleben. Und aufatmen. Und ein Herz für seine Mitmenschen haben können. Vielleicht sogar auch ganz buchstäblich.

von André Heinrich, Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Brockhagen.