Andacht vom 29. Juni 2014

29. Juni 2014 - 2. Sonntag nach Trinitatis

Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens (Lukas 1,79)

Der hochbetagte Priester Zacharias und seine Frau Elisabeth hatten lange auf ein Kind gehofft und inzwischen nicht mehr zu hoffen gewagt, als ihr Traum im hohen Alter doch noch in Erfüllung ging. Voller Freude lobt Zacharias Gott für die Geburt seines Sohnes und bittet ihn: „Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.“ Wie Zacharias dürfen wir dankbar sein und Gott loben für die Geburt des Friedens in Deutschland, der nun schon 69 Jahre alt werden durfte. Die meisten unserer Kinder kennen die ‚Todesursache Krieg‘ – Gott sei Dank – nur aus dem Fernsehen.

Wie Zacharias dürfen wir gerade heute diesen Ruf nach Frieden erneut anstimmen. Denn heute vor 100 Jahren wurde durch ein Attentat in Sarajevo auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau der 1. Weltkrieg ausgelöst. Der Ruf nach Frieden war nach diesem Anschlag nicht stark genug. Die Diplomatie, sofern sie überhaupt an Frieden interessiert war, scheiterte. Binnen kurzer Zeit waren 40 Länder aller Kontinente am Krieg beteiligt. Der anfänglichen Kriegsbegeisterung folgte bald bittere Ernüchterung. Die Grausamkeit erreichte eine neue Dimension: Durch neue Waffen fanden furchtbare Materialschlachten statt. Mindestens neun Millionen Soldaten und sechs Millionen Zivilisten kamen ums Leben. Welche Einzelschicksale sich dahinter verbergen zeigt z.B. eine Ausstellung im Herbst im Rathaus Werther.

„Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.“ dieser Ruf wird gerade heute wieder aktuell angesichts des nicht enden wollenden Krieges in Syrien, der angespannten Lage in der Ukraine und drohenden erneuten Blockkonfrontation, dem Vormarsch der ISIS Kämpfer im Irak und vieler anderer Kriege weltweit. Wir wissen um die Waffenexporte, die allein unserem Reichtum dienen, und die viele Kriege noch grausamer machen. Wir wissen von der Zerstörungskraft und Unmenschlichkeit des Krieges. Oft ist nur das Gefühl der Ohnmacht da. Vielleicht hat auch Zacharias diese Ohnmacht gespürt, als er und seine Frau so oft gehofft hatten und dann wieder enttäuscht wurden. Aber er durfte erfahren: Bei Gott ist keine Hoffnung vergebens.

Gott führt zum Leben und Frieden. Dahin will Gott uns auf den Weg mitnehmen im Kleinen und im Großen. Zacharias Ruf fordert uns auf wachsam zu sein, wenn Hass das Zusammenleben vergiftet und Kriegsrhetorik die Bemühungen um diplomatische Lösungen von Konflikten übertönt. Zacharias ist ein Beispiel, dass mit Gott an der Seite, die Hoffnung auf Frieden, auf neues Leben, keine Illusion ist. Vielmehr ermutigt uns die Hoffnung einzustehen für vorbeugende Maßnahmen für den Frieden wie die Stärkung von sozialer Gerechtigkeit, Demokratie und Integration. Der Blick zurück auf das Kriegsgeschrei nach dem 28. Juni 1914 zeigt uns, dass es nur einen Weg gibt. Deshalb bitten wir: Gott, richte unser Füße auf den Weg des Friedens.

von Silke Beier, Pfarrerin der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Werther