Andacht vom 06. März 2016

Wort zum Sonntag Lätare, 6. März 2016

Sie war mit Kopfschmerzen aufgewacht. Zum Glück musste sie heute nicht zur Arbeit. Sie plante, einen ruhigen Tag zu verbringen und blieb noch etwas liegen. Dann stand sie auf und ging duschen. Sie war gerade dabei sich abzutrocknen, da klingelte das Telefon. Sie ärgerte sich über den frühen Anruf. Am anderen Ende hörte sie heftiges Husten, dann die heisere Stimme ihrer Schwester: „Hallo, entschuldige die frühe Störung. Es geht mir gar nicht gut. Ich habe Fieber und eine starke Erkältung. Kannst du kommen und die Kleine versorgen? Der Hund muss auch raus.“ Etwas widerstrebend sagte sie: „Ja, ich komme.“

Als sie gegen Abend wieder zu Hause war, war sie ziemlich müde. Der Tag im Haushalt ihrer Schwester mit Kind und Hund war anstrengend gewesen. Aber wenn sie es genau bedachte, freute sie sich auch, denn ihre Schwester hatte sich sehr gefreut, außerdem hatte ihre kleine Nichte mal wiedergesehen.     

Am Sonntag, besuchte sie den Gottesdienst. Der Pfarrer begann mit den Worten: „Heute ist über die Hälfte der siebenwöchigen Fastenzeit vorbei. Das ist ein Grund zur Freude. Und so heißt der heutige Sonntag „Lätare“ – freue dich.

Einen Impuls zur Freude gibt uns auch der Wochenspruch für die kommende Woche: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. (Johannes 12,24)
Ohne den „Tod“ des Weizenkorns gibt es nicht die Freude über die Vermehrung. Das war die Erfahrung der damaligen Bauern, die oft traurig ihre letzten Weizenkörner säten in der Hoffnung später mit Freude viel Weizen zu ernten.“
Sie dachte an ihr Erlebnis: Ohne, dass ich etwas von mir, von meiner Zeit und Kraft abgebe, ohne dass ich mal von mir und meinen Bedürfnissen absehe, bleibe ich allein und leer. Aber nicht nur engherzig auf sich selbst zu sehen kann tiefe Freude bringen – für andere und für mich. Ja, vielleicht war eine Freude für die man etwas eingesetzt oder geopfert sogar etwas größer und tiefer?

von Heike Kerwin, Pfarrerin für die Gehörlosenseelsorge im Evangelischen Kirchenkreis Halle