Andacht vom 13. März 2016

Andacht zum Sonntag Judica, 13. März 2016

Rückwärts gehen

Pippi ging die Straße entlang. Sie ging mit dem einen Bein auf dem Bürgersteig und mit dem anderen im Rinnstein. Thomas und Annika schauten ihr lange nach. Nach einer Weile kam Pippi zurück. Aber jetzt ging sie rückwärts. Schließlich fragte Thomas: „Warum bist du rückwärts gegangen?“ „Warum ich rückwärts gegangen bin?“, sagte Pippi. „Leben wir etwa nicht in einem freien Land? Darf man nicht gehen, wie man möchte?“
Pippi Langstrumpf macht, was ihr gefällt. Und wenn es ihr gefällt, rückwärts zu gehen, dann ist es genau das. Pippi ist spontan und völlig unbeeindruckt von Autoritäten. Das hat manchen Erwachsenen verstört. Daher wundert es nicht, dass anfangs kein deutscher Verlag das Buch mit dem aufmüpfigen Mädchen herausgeben wollte. Kinder aber haben Pippi von Anfang an geliebt, natürlich wegen ihrer Kraft, aber vor allem, weil sie so selbstverständlich Dinge anders machte, als dies andere taten.

Ich kenne noch einen Menschen, der sich von Autoritäten nicht vorschreiben ließ, was er tun sollte, der in seinem Leben oft gegen die vermeintlich richtige Laufrichtung lief. Doch ist dieser Mensch im Vergleich zu Pippi Langstrumpf real: Jesus von Nazareth. Er macht Dinge anders, als das andere von ihm erwarten und stößt damit manchen vor den Kopf. Er geht auf Menschen zu, ist bei ihnen zu Gast, nimmt sie an und hilft ihnen – ohne Ansehen der Person. Dafür lieben ihn die Menschen. Und dafür hassen ihn andere. Und letztere lassen ihn schließlich auch töten. So muss Jesus seine Liebe und seinen Mut, gegen überkommene Traditionen anzugehen, mit dem Tod bezahlen

Doch wir wissen, dass nicht der Tod die Oberhand behielt, sondern dass die Liebe triumphierte. In Jesu Auferstehung  erkennen wir die befreiende Lebenskraft Gottes für diese Welt. „Siehe, ich bin bei Euch, bis ans Ende dieser Welt.“, sagt Jesus. Sollte uns diese Zusage nicht Kraft und Liebesglut geben, diese Welt zu ändern? Dass nicht bleiben muss, was immer so war. Dass Leben einkehren kann, wo Tod herrscht. Dass rote Teppiche da ausgerollt werden, wo Stacheldrahtzäune aufgerichtet sind – im Herzen und an Grenzen? Ich wünsche uns diesen Mut, rückwärts zu gehen, so wie Jesus es uns vorgelebt hat.

von Christian Eckey, Pfarrer der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Borgholzhausen