Andacht vom 19. Juni 2016

Wort zum 4. Sonntag nach Trinitatis, 19. Juni 2016

Dass Liebe göttlich ist, ist uns vielleicht im ersten Augenblick nicht  eindeutig klar. Wer sich etwas in der Bibel auskennt, stößt schnell auf einen Vers aus dem 1. Johannesbrief 4,16, in dem zu lesen ist:

„Gott ist die Liebe! Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm oder ihr.“

Dazu eine kleine Geschichte, die mich nachdenklich stimmt: Jonas (19) und Laura (18) haben sich zum ersten Mal miteinander verabredet und zwar zum ersten Mal und ganz absichtlich ohne ihre Clique. Sie gehen zum Feuerwerk auf den Leinewebermarkt und suchen sich einen gemütlichen Platz aus. Zu vorgerückter Stunde und mit  Einbruch der Dunkelheit geht es los. Das Feuerwerk zischt, leuchtet, sprüht, kracht und wirbelt. Jonas hält Lauras Hand. Gleichzeitig hält Laura immer wieder ihr Smartphone hoch, um die schönsten Momente des Feuerwerkes aufzunehmen. Sie filmt und staunt und zum Schluss macht Laura noch einen Schwenk auf Jonas Gesicht, danach auf sich selbst. Laura entzieht Jonas ihre Hand, denn es ist bequemer und schneller, das Smartphone mit beiden Händen zu bedienen, um die neue Videodatei per Whatsapp an ihre Clique zu verschicken. „Findest du das Feuerwerk nicht auch total romantisch?“, fragt Jonas. Und Laura murmelt zurück: „Doch, klar, darum hab ich es ja aufgenommen!“  Ihre Augen bekommt sie dabei nicht mehr von ihrem Bildschirm. Sie bekommt auch keine Hand mehr frei, denn ihre Clique reagiert sofort auf das Video und Laura ist ganz und gar damit beschäftigt, allen zu antworten. Nun schaut auch Jonas nach, ob sich vielleicht auch auf seinem Smartphone jemand gemeldet hat. Beide sind nun vollkommen mit ihren Smartphones beschäftigt… Beide schauen auf ihren Bildschirm…

Und ich frage mich, wie dieser Abend wohl zu Ende gehen wird!? Hat das Smartphone die Beziehung bereits gekillt oder geht die Geschichte von Jonas und Laura weiter?

Zu dieser Begebenheit ein paar EMNID - Umfrageergebnisse:
-    Für jede 4. Person ist das Handy ein größerer Grund zur Eifersucht als eine andere Frau oder ein anderer Mann.
-    Knapp 40% der unter 30-jährigen sind vor allem eifersüchtig auf die Zeit, die ihr Partner mit dem Smartphone oder Handy verbringt.
-    In dem Youtube-Video „Forget my phone“ beschäftigt sich ein Mann im Bett lieber mit seinem Smartphone anstatt mit seiner Frau zu kuscheln…

Vielleicht schlummert in vielen  die tiefe Sehnsucht, das  Smartphone oder auch den PC, der uns zwar mit allen verbindet, nur nicht mit den Menschen, mit denen wir  im Hier und Jetzt leben, einmal bewusst abgeschaltet zu lassen - damit uns die Gegenwart nicht komplett abhanden kommt und Romantik sich nicht zu einer nostalgischen Erfahrung von gestern oder aus schnulzigen Filmen zurückentwickelt.  Der eingangs genannte Bibelvers kann den einen oder die andere anregen , sich wieder auf Wesentliches zu besinnen. Damit wir trotz allen technischen Fortschritts und trotz vieler Vorteile der kommunikativen und medialen Möglichkeiten das eigentliche und reale Leben nicht zu leben vergessen oder mehr und mehr  aus dem Blick verlieren. In diesem Sinn wünsche ich allen einen guten Start in den Sommer!

von Christiane Karp-Langejürgen, Pfarrerin am Berufskolleg Halle