Andacht vom 04. Juni 2017

Andacht zum Pfingst-Sonntag, 04. Juni 2017

Ich glaube an die Kirche

„Moment mal“, mögen sich einige die Augen reiben. „Was soll das? Ich glaube an Gott und nicht an die Kirche.“ Das scheint ein stückweit selbstverständlich zu sein unter Christen, unter evangelischen Christen sowieso, aber zunehmend auch unter katholischen. Und bei den Andersgläubigen und den Nichtgläubigen erst recht.

Insofern: Pfingsten hat eine herausfordernde, eine provozierende Botschaft. Obwohl es die großen Enttäuschungen über „Gottes Bodenpersonal“ in der christlichen Gemeinde von Anfang an gab – man denke nur daran, dass Petrus seinen Herrn verleugnet hat; dass ihn Judas verraten hat – haben es die frühen Christen so formuliert: Ich glaube an die Kirche. So ist es Teil des Glaubensbekenntnisses geworden.

Im Glaubensbekenntnis folgt auf den Satz „Ich glaube an den heiligen Geist“ als eine geradezu logische Konsequenz: „Ich glaube an die heilige, christliche Kirche“. Gottes Geist weht nicht nur, wo er will. Gottes Geist verbindet Menschen zu einer Gemeinschaft. Gottes Geist ist nicht schwebend und ungefähr, sondern er wird konkret. Wo der heilige Geist weht, da fragen Christen gemeinsam danach, wie Gottes Reich anbrechen kann in dieser Welt. Wo Menschen miteinander leben, da wird es – leider – immer auch sehr „menscheln“, d.h. es wird nicht ohne Schuld, nicht ohne Enttäuschungen, nicht ohne Verblendungen abgehen. Die negativen Seiten des Buches „Geschichte der Kirche“ liegen offen aufgeschlagen.

Pfingsten will nun den anderen Blick auf die Kirche stark machen: Gott verbindet die Christen zu einer Gemeinde. Die Kirche ist ein Geschenk Gottes, und ich habe einen Platz in ihr. Die Kirche hat einen Auftrag für diese Welt. Und in ihrer Mitte ist Gott selbst lebendig, in ihrer Mitte weht Gottes heiliger Geist.

So feiert die christliche Kirche an Pfingsten ihren Geburtstag. Und sie tut das immer wieder mit der Bitte: „Komm, heiliger Geist!“ „Erneuere deine Kirche und fang bei mir an!“ „ Lass mich einen Platz in deiner Gemeinde finden!“ Und: „Danke für die anderen!“

von Holger Hanke, Gemeindepfarrer in der evangelischen Kirche in Werther