Andacht vom 15. Juli 2018

Andacht zum 7. Sonntag nach Trinitatis, 15. Juli 2018

„Wir gehören zusammen!“ So tönte es seit einigen Wochen in den Medien; in den Läden nahmen die schwarz-rot-goldenen Accessoires zu, damit wir uns alle auf das gemeinsame Erleben der WM einstimmen konnten. Doch dann schon schnell das Aus – und die Töne des gemeinsamen Erlebens wurden leiser. „Schade, nicht geschafft!“ Das wird manche/mancher denken, wenn Zeugnisse verteilt werden.  – Und wird alleine dastehen. Und die andern: Sie werden feiern. Gesetz der Welt. Flüchtende Menschen werden zum Sicherheitsrisiko erklärt, zu Kostgängern, zu „Mitwirkungsverweigerern“, zu solchen, die das Land schleunigst loswerden sollte. „Wenn du etwas werden willst, musst du etwas leisten, musst dich durchsetzen.“ Strategien, Taktik, Durchsetzungsvermögen sind gefragt!
„Seid eines Sinnes und Geistes“, so schreibt Paulus an die Philipper. Er schreibt diese Worte der ersten Gemeinde auf europäischem Boden. Und er weiß gleichzeitig, dass die Wirklichkeit auch in Gemeinden oftmals von anderem Verhalten bestimmt ist. „Es ist doch viel leichter, in den Regeln der Gesellschaft mitzuspielen, als sich immer dagegenzustellen“, sagte mir einmal ein Jugendlicher. „Du bist ganz schnell draußen, gehörst nicht mehr dazu. Und dazu immer dieses Gerede von Liebe – das funktioniert doch sowieso nicht!“ Ja, das stimmt, will ich es alleine schaffen, so kriege ich das nicht hin. Da geht es leider manchmal in der Gemeinde auch nicht anders zu als anderswo. Als hätte Paulus das gewusst, schreibt er: Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht: Jesus hat nicht sich im Blick gehabt, sondern die Menschen neben sich gesehen! Diejenigen, die nicht auf dem Siegertreppchen ganz oben stehen. Sondern die, die übersehen werden. Für die sich niemand einsetzt. Weil er sich erinnert hat: an das Versprechen, das Gott seinem Volk gab: für alle so viel zu essen, wie es zum Leben notwendig ist.
Und dann hat er selbst geteilt, „und alle wurden satt“.  

Susanne Böhringer ist Pfarrerin in der Ev. - Luth. Kirchengemeinde Halle