Andacht vom 25. November2018

Andacht zum Ewigkeitssonntag, 25. November 2018

Ein Engel, der wacht
Er sieht selber noch aus wie ein Kind im Gesicht – so steht er über den Gräbern. Es ist ein liebevolles Gesicht, lockige Haare, ein aufwendiges Gewand trägt er. So steht ein Engel auf dem Friedhof, an einem Gräberfeld. Die Statue sieht alt aus: „Vielleicht ist er hundert Jahre alt“, sagt ein Konfirmand zu mir, als wir die Engelfigur von weitem sehen.
Ich besuche im November gerne mit Konfirmanden und ehrenamtlichen Teamern den Friedhof. Für manche „Konfis“ ist es das erste Mal, dass sie ohne Eltern auf den Friedhof gehen. „Da ist das Grab meines Opas“, sagt ein Konfi. Und wir stellen uns einen Moment davor. Der Konfi holt eine Kerze raus und zündet sie an.
Von hier aus sieht man, dass das Gewand des Engels schon grün bemoost ist, und dass er keine linke Hand mehr hat. Mir kommt es so vor, als würde auch ein Flügel fehlen. Wenn man so will: Eine traurige Gestalt von einem Engel: „Flugunfähig“, denke ich bei mir, und: „Gestrandet auf der Erde, so fern vom Himmel.“ Aber er steht da immer noch, als könnte ihm der Tod nichts anhaben, so lange er da steht, und leistet ganze Arbeit.
Den Konfis, die mit Erkundungsbogen über den Steinhagener Waldfriedhof gehen, fällt auf, dass auf vielen Gräbern Engelfiguren stehen. Sehr unterschiedliche. Auch auf einem Grab, wo ein Kind begraben ist. In der Kleingruppe erzählen die Konfis hinterher von Gräbern, die ihnen aufgefallen sind.
Wie kann man nur mit dem Tod umgehen? Vor allem, wenn Kinder gestorben sind? Aber auch, wenn alte Menschen sterben? Der Schmerz in der Trauer ist kaum zu begreifen für Menschen, die ihn noch nicht fühlen konnten.
Über dem Gräberfeld steht eine Engelsfigur, ohne linke Hand, mit bemoostem Gewand – und er weist die Besucherinnen und Besucher der Gräber auf seine Antwort hin: Vertraut auf Gott! Er ist stärker als der Tod! Christus ist der Sieg über den Tod! Deshalb: „Fürchtet Euch nicht“ – auch nicht vor dem Tod, denn Gottes Schutz ist Euch in Engeln nahe – und wird niemals enden.   

Kirsten Schumann ist Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Steinhagen.