Andacht vom 14. Juli 2019

Wort zum 4. Sonntag Trinitatis, 14. Juli 2019

„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ – dieser Vers aus Psalm 31 geht mir seit einer Unterrichtsstunde, die eine frisch examinierte Kollegin in einer Frisör*innenklasse im zweiten Ausbildungsjahr als Revisionsstunde hielt, nicht mehr aus dem Kopf. Nach einer Fantasiereise zum Vers 9 des Pslames wurden die Auszubildenden angeregt, ihren bisherigen Lebensweg mit bunten Farben und Symbolen auf Papier zu zeichnen, aber auch auf ihren zukünftigen Lebensweg ein Augenmerk zu richten. Die Ergebnisse waren sehr spannend und machten uns als Unterrichtsbesuchsteam deutlich, dass uns unser Lebensweg noch viel mehr Möglichkeiten bietet, als wir uns im Alltag zugestehen, erkennen können oder wollen.

„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ – Dieses Wort öffnet den Blick für Weite, für Perspektive, für Zukunft, für ein vertrauensvolles Aufbrechen.

Gerade jetzt richten viele den Blick auf die bevorstehenden Urlaubsplanungen, -ziele und -träume. Es gilt:
Wer nicht aufbricht, kommt auch nicht an. – Das wussten die Psalmbeter/innen früher auch schon. Die Welt „erfahren“ können wir nur, wenn wir uns auf den Weg machen. Aufbrechen bedeutet aber auch, dass wir uns Gefahren aussetzen, eingefahrene Gewohnheiten und Sicherheiten, das bequeme Bett, gewohnte Rhythmen und Speisen hinter uns lassen. Reisen sind Zeiten der Begegnung mit einer anderen Umgebung, mit fremden Menschen, anderen Kulturen, kulinarischen Neuheiten und nicht zuletzt mit uns selber. Manchmal lernen wir im Urlaub ganz andere, fremde Seiten an uns kennen.

Zugleich werden wir immer damit konfrontiert, dass wir, egal, wohin die Reise geht, ob nach Thailand oder in den Taunus, uns immer auch selber mit im Gepäck haben. Das ist spannend und anstrengend zugleich, besonders, wenn wir nicht allein unterwegs sind. Konflikte und anstrengendes wollen wir lieber zu Hause lassen, aber das gelingt nicht immer. Der Psalmvers „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ kann uns daran erinnern, den Blick für positive und schöne Erfahrungen zu weiten, für die Chancen und Eindrücke, die sich bieten. So können wir gut entspannen. Und wenn wir nach Tagen oder Wochen voll Freude wieder nach Hause zurückkehren, haben wir neben der getragenen Wäsche hoffentlich auch die schönen Dinge im Gepäck, die uns geholfen haben, den Alltag hinter uns zu lassen und aufzutanken. Die damit verbundenen schönen Erinnerungen können uns im Alltag helfen, stressige Situationen zu meistern oder nicht ganz so wichtig zu nehmen.

von Christiane Karp-Langejürgen, Pfarrerin am Berufskolleg Halle/W.