Andacht vom 31. März 2019

Andacht zum Sonntag Lätare, 31. März 2019

Kürzlich an einem dunklen, regnerischen Tag ist er mir ins Auge gesprungen. Wieder einmal. Bereits im Januar, als ich erstmalig an seinem Standort vorbei fuhr, hatte er meinen extrem erstaunten Blick auf sich gezogen: ein kleiner Strauch im Vorgarten, üppig dekoriert mit vielen bunten Ostereiern. Fröhlich und direkt von einem Fest zum nächsten – von Weihnachten gleich zu Ostern. Ein kleiner Strauch wird zum Symbol für Schnelllebigkeit und Zeitverlust.

Wer die Passionszeit unterschlägt, nimmt sich die Chance, der bewussten Entschleunigung. Verloren geht der Raum, mit Ruhe Aspekte des Lebens zu betrachten. Der bewusste Verzicht auf Gewohntes und Liebgewonnenes wird als Mittel genutzt. Als Mittel zum Zweck, nicht mehr gedankenlos vor sich hin zu leben, sondern sich zu fragen: Warum stört mich die Veränderung gegenüber dem Üblichen? Warum stört sie mich nicht und welche Konsequenz bedeutet sie für mich? Was ist mir wichtig? Welche Wege ermöglichen mir, das Wichtige des Lebens im Blick zu behalten? Wie kann ich meine Zeit sinnvoll nutzen und auskosten?

In diesen Gedanken keimt auf, dass Zeit nicht unbegrenzt ist. Sie steht im Zusammenhang mit Ursprung und Ende, Geburt und Tod. Und dazwischen leben wir. Heute. Jetzt. Alles hat seine Zeit, so heißt es im Prediger: Geboren werden und sterben, pflanzen und ausrotten, abbrechen und aufbauen, weinen und lachen, klagen und tanzen, schweigen und reden. Alles hat seine Zeit und jedes Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.

Gott gibt uns die Zeit als wertvolles Geschenk. Und wir sollen sie uns nehmen für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Alles hat seine Zeit. Und die Zeit vergeht unaufhaltsam. Aber sie zerrinnt nicht und verschwindet auch nicht einfach irgendwo. Sie wird gehalten in göttlicher Hand, gesammelt. Nichts geht verloren.

Überdies hat Gott die Ewigkeit in alles hinein gelegt. Das ist die Hoffnung von Ostern, auf die wir zugehen. Mit diesem Ausblick können wir uns nun in der Passionszeit den Raum nehmen mit Ruhe Aspekte des Lebens zu betrachten.

von Beatrix Eulenstein, Pfarrerin mit sozial-diakonischen Aufgaben im Evangelischen Kirchenkreis Halle