Wort zum 29. März 2020

Seine Hände werden feucht. Der Zettel in seiner Hand zittert. Gleich wird Tim das Fürbittengebet sprechen. Seine Konfirmandengruppe stellt sich heute im Gottesdienst vor. Viele sind gekommen, um die Mädchen und Jungen in ihren neuen Kleidern und Anzügen in Augenschein zu nehmen. Einige Jungs füllen ihre Sakkos noch nicht ganz aus. Ein paar Mädchen gehen etwas wacklig in ihren neuen Schuhen. Und trotzdem sind die 20 Jugendlichen stolz, bald konfirmiert zu werden. Und nervös wegen ihrer Aufgabe – wie Tim.
So hätte es auch 2020 sein können – wäre nicht das Corona-Virus. Landauf, landab fallen die Gottesdienste aus, in denen sich die Konfirmandinnen und Konfirmanden ihrer Kirchengemeinde vorstellen sollten. Eine Lücke ist entstanden. Viele merken: Es fehlt etwas im Leben unserer Gemeinde – und erst recht im Leben der „Konfis“. Denn der erste Schritt ins Leben eines (oder einer) Erwachsenen ist die Konfirmation. Und der Vorstellungsgottesdienst ist der Testlauf für diesen ersten Schritt.
Eltern und Großeltern staunen regelmäßig bei dieser Gelegenheit, wie groß ihre Kinder geworden sind. Und die Konfis legen Wert darauf, dass sich das nicht allein auf ihre Körpergröße bezieht. Sie wollen sich zeigen – auch mit dem, was sie in ihrer Konfi-Zeit gelernt haben. Und das bringt dann oft ein paar Minuten mit schwitzigen Händen und zittrigen Fingern mit sich.
2020 ist alles anders. Aber nicht ganz. Im Evangelium für den heutigen Sonntag sagt Jesus Christus: Wer von euch groß sein will, soll den anderen dienen (Lukas 10,43). Für alle, die sich heute wie Tim hätten vorstellen sollen, heißt das: Sie haben trotz allem eine Aufgabe. Sie können auf andere Weise zeigen, wie groß sie geworden sind. Zusammen mit ihren Familien können und sollen sie etwas sehr Wichtiges tun. Nämlich auf den Testlauf für ihre Konfirmation verzichten – und das ganz bewusst. Als ihren Beitrag dazu, dass möglichst viele gesund bleiben.
Kinder und Jugendliche werden schnell groß. Oftmals sogar größer, als wir Erwachsenen das erwartet hätten. In diesen Wochen haben wir wieder die Gelegenheit, das mitzuerleben. Und uns darüber zu freuen.

von André Heinrich, Pfarrer in Brockhagen