Andacht zum 19. März 2023

"Weiß ich denn, ob ich morgen früh noch lebe? Eine Bombe könnte uns heute Nacht alle vernichten."

Diese Worte klingen aktuell. Sie könnten in der Ukraine heute aufgeschrieben worden sein. Sind sie aber nicht! 

Diese Worte sind 80 Jahre alt. Aufgeschrieben von der Widerstandskämpferin Sophie Scholl in ihrem Tagebuch. Im Februar 1943 wurden Sophie und Hans Scholl und ihr gemeinsamer Freund Christoph Probst von den Nazis zum Tode verurteilt und ermordet.

Unter dem Namen "Die Weiße Rose" hatten sie Flugblätter unters Volk gebracht, in denen sie den Krieg als Unrecht und Hitler als einen Verbrecher bezeichneten.

Sophie schreibt in ihrem Tagebuch: "Viele Menschen glauben von unserer Zeit, dass sie die letzte sei. All die schrecklichen Zeichen könnten es glauben machen. Aber ist dieser Glaube nicht von nebensächlicher Bedeutung? Denn muss nicht jeder Mensch, einerlei, in welcher Zeit er lebt, dauernd damit rechnen, im nächsten Augenblick von Gott zur Rechenschaft gezogen zu werden?"

Was hätte die Widerstandskämpferin dazu gesagt, wenn sie gewusst hätte, dass 80 Jahre nach ihrem Tod die Ukraine und seine Bevölkerung dem Angriffskrieg durch Russland ausgesetzt wäre? Was hätte sie den jungen Menschen im Iran gesagt, die für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in ihrem Land mit dem Tod bedroht sind? 

Ich bin sicher: Sophie Scholl hätte ihnen Mut gemacht: Für Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit zu kämpfen. Der Geist der weißen Rose ist lebendig: In den Menschen im Iran, die ohne Angst für ein Leben in Freiheit auf die Straße gehen. Und in denen, die heute den Lügen Putins laut widersprechen. Sophie Scholl war tief im christlichen Glauben verwurzelt. Aus diesem Glauben zog sie ihren Mut und ihre Kraft. Dass Glaube uns solidarisch zusammenhält – diese Erfahrung wünsche ich uns allen.

Kirsten Schumann ist Pastorin in Steinhagen