Andacht zum 01. Juni 2025

Andacht für Halle zum Sonntag Exaudi (1.6.2025)

Liebe Leserin, lieber Leser,

Eine Ausländerin hat mir mal erzählt: „Als ich noch nicht so gut Deutsch konnte, habe ich mich gewundert, dass in Deutschland offenbar viele Leute „Hörma“ heißen, und zwar sowohl Männer als auch Frauen. Dann habe ich meinen Mann gefragt. Der hat gelächelt und mir erklärt: ´Das ist kein Name. Die Leute sprechen oft undeutlich. Das heißt richtig: Hör mal.´“

Mir wurde bewusst: Stimmt, so beginnen wir oft, wenn wir etwas sagen oder erzählen möchten. Die Aufmerksamkeit unseres Gegenübers ist uns sehr wichtig. Wir wollen uns mitteilen. Wir wollen gehört und wahrgenommen werden. Und wenn uns jemand nicht oder nicht richtig zuhört, dann ärgert oder verletzt uns das.

Der heutige Sonntag heißt in der evangelischen Kirche „Exaudi“ -“Höre“ und ist aus dem 27. Psalm: „Herr, höre meine Stimme.“ So betet da jemand, wahrscheinlich im Tempel. Aber es ist nicht der Anfang des Gebets. Er ist schon mitten im Gebet. Er ist offenbar in ziemlicher Not, er wird unschuldig angeklagt und niemand glaubt ihm. Bis jetzt hat er sein Vertrauen zu Gott durchgehalten.


Doch plötzlich ändert sich sein Gebet. „Herr, höre meine Stimme.“ Vielleicht dauert die Notlage länger an, und ihm kommen deshalb Zweifel. Es ändert sich nichts an der misslichen Lage. Hört Gott überhaupt zu?

Wir leben jetzt schon länger in schwierigen Zeiten. Es gibt viele Krisen und Probleme. Viele Menschen fühlen sich dadurch belastet und hoffen, dass es besser wird. Natürlich bringen auch viele die Probleme im Gebet vor Gott und fragen sich vielleicht je länger je mehr: Hört Gott zu?


Der Beter bekommt am Ende eine positive Antwort, vielleicht von einem Priester. Wir bekommen auch eine positive Antwort – zum Beispiel nächste Woche. Wie ich darauf komme? Nächste Woche feiern wir Pfingsten. Pfingsten sagt uns Gott: Ich höre dich. Wir bleiben auf jeden Fall in Verbindung. Deshalb gebe ich dir meinen Geist. Der hilft dir immer wieder zu mir zu sagen: Hör mal … .

Heike Kerwin ist Pfarrerin für Gehörlosenseelsorge im Kirchenkreis