Und als Jesus von dort wegging, sah er einen Menschen am Zoll sitzen, der hieß Matthäus; und er sprach zu ihm: Folge mir! Und er stand auf und folgte ihm. (Matthäus 9,9).
Ich schaue auf die Berufung des Zöllners Matthäus. Sie wird in der Bibel sehr kurz dargestellt. Trotz oder vielleicht auch wegen ihrer Kürze hat sie mich berührt. So schnell geht Matthäus mit Jesus mit? Keine Diskussion? Kein Abwägen?
Vor meinem inneren Auge hat sich mehr abgespielt. Ich sehe Matthäus vor mir wie er mit gesenktem Kopf vor dem Zollhäuschen sitzt, seinen Kasten mit den Einnahmen neben sich. „Folge mir!“ Spricht da jemand mit ihm? Nein, das kann nicht sein. Matthäus hat niemanden, der sich mit ihm unterhält. Alle Menschen um ihn herum meiden ihn, weil er lügt und betrügt. Weil er den Menschen viel zu viel Geld abnimmt. Weil er als unaufrichtig und kriminell gilt.
„Folge mir!“ Matthäus hebt den Kopf. Direkt vor ihm steht ein Mann. Wieso spricht er mit ihm? Matthäus umfasst die Kiste mit den Tageseinnahmen fester und lässt den Fremden nicht aus den Augen. Doch dieser schaut ihn nur an. Lange. Durchdringend. Freundlich. Dieser Blick fühlt sich gut an. So hatte ihn lange niemand mehr angesehen. Plötzlich fühlt Matthäus sich diesem Fremden sehr nah. So als würden sie sich schon ewig kennen. Er hat das Gefühl, als könnte dieser in ihn hineinschauen.
„Folge mir!“ Nun dringen die Worte zu Matthäus durch. Er erhebt sich und verlässt die Zollstation. Plötzlich weiß er, dass er nicht mehr zurückkommen wird. Den Kasten mit den Einnahmen lässt er stehen. Er ist nicht mehr wichtig. Er wird mit dem Fremden, mit Jesus, mitgehen. Ihm folgen.
Die Berufung von Matthäus berührt mich. Jesus sagt nur zwei Worte: „Folge mir!“ Und ich höre und spüre: Folge mir, denn ich zeige dir einen neuen Weg. Folge mir, denn ich weiß, was in dir vorgeht. Folge mir, denn ich kenne dich und deine Ängste und Träume. Folge mir!
Ich wünsche Ihnen ein segensreiches Jahr 2025 mit guten Begegnungen.
Anne-Kathrin Becker ist Pfarrerin in Steinhagen