Mit zahlreichen Beschlüssen zu unterschiedlichen Themen geht die Herbsttagung der Landessynode in der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) zu Ende. Vier Tage lang berieten die 153 stimmberechtigten Delegierten und 26 beratende Mitglieder des höchsten Entscheidungsgremiums der westfälischen Landeskirche intensiv in Plenum und Tagesausschüssen und trafen am Ende Entscheidungen, die für die kirchliche Arbeit in Westfalen von Bedeutung sind. Dabei standen nacheinander gewichtige Fragestellungen auf der Tagesordnung, von denen jede für sich einen eigenen Themenschwerpunkt der diesjährigen Herbstsynode hätte darstellen können.
Die Beratungen starteten mit grundsätzlichen Überlegungen zu Transformation und Veränderungsbedarfen in Organisation und Handlungsweise der evangelischen Kirche. Ulf Schlüter, als Theologischer Vizepräsident kommissarisch Leitender Geistlicher der EKvW, beschrieb in seinem mündlichen Präsesbericht die Notwendigkeit zu Selbstkritik und Wandel. Schlüter forderte den Abschied von einem idealisierten Selbstbild, das innerhalb der evangelischen Kirche noch immer häufig anzutreffen sei. Stattdessen ermutigte er die Vertreter*innen aus Kirchenkreisen, Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen zu klugen Veränderungen. Nur so könne es gelingen, dem Auftrag der Kirche, die Kommunikation des Evangeliums zu betreiben, nachzukommen. Denn nach wie vor habe die Kirche darin „einen großen, hell glänzenden Schatz.“ Aber auch mit dem schönsten, klarsten Auftrag könne man sich klug oder töricht verhalten, was die eigene Organisation betrifft, warnte der Vizepräsident.
Vielfalt als Chance
Als bereichernd und große Chance für ein neu erlebtes Miteinander in der evangelischen Kirche beschrieben die Initiator*innen und Mitwirkenden des Prozesses ‚Kirche in Vielfalt – Interkulturelle Entwicklung‘ die kulturelle Diversität, die sich an vielen Orten in der EKvW positiv entwickelt. Über längere Zeit hatten Arbeitsgruppen unterschiedliche Aspekte der Thematik beleuchtet und brachten jetzt erste Ergebnisse in die Synode ein. Ziel des Prozesses ist es, Gemeinden und Einrichtungen weiter für mehr Diversität und kulturelle Vielfalt zu öffnen.
So fasste die Synode konkrete Beschlüsse, um die Evangelische Kirche von Westfalen auf dem eingeschlagenen Weg voranzubringen und ihre Arbeit an interkulturellen Beziehungen weiterzuentwickeln. Beschlossen wurden unter anderem eine stärkere Einbindung von Menschen mit internationaler Biografie, der verstärkte Austausch mit internationalen Gemeinden, die Erarbeitung von interkulturellen und rassismuskritischen Bildungsinhalten und Qualifizierungsmaßnahmen, die Entwicklung eines Konzepts für interkulturelle Seelsorge und anderes mehr.
Wie bereichernd das Miteinander von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen ist, erlebten die Synodalen während der vier Synodentage in Bielefeld-Bethel. Ökumenische Gäste aus aller Welt und westfälische Geschwister mit globalem Background gestalteten gemeinsam den Eröffnungsgottesdienst, Morgenandachten, Gebete und Gesänge.
Rahmenbedingungen: Haushalt und Wahlen
Zwei weitere Schwerpunkte der Synodentagung führten zu Entscheidungen, die die Arbeit der Landeskirche in Zukunft beeinflussen werden. So wählte die Synode mit Uta Schütte-Haermeyer und Ralf Henning Krause zwei neue Mitglieder in die Kirchenleitung. Das 15köpfige Gremium trägt im Auftrag der Synode Verantwortung für weitreichende Entscheidungen auf Ebene der Landeskirche.
Während die Sozialmanagerin Schütte- Haermeyer als nebenamtliches Mitglied in der Kirchenleitung mitarbeiten wird, trägt mit Krause künftig erstmals ein promovierter Ökonom als hauptamtlicher Oberkirchenrat die Verantwortung für die landeskirchlichen Finanzen.
So betreffen auch die Beschlüsse zu Haushalt und Finanzen, die am Ende der Synodensitzungen standen, das künftige Arbeitsfeld von Ralf Henning Krause unmittelbar. Denn der neue Oberkirchenrat wird die Funktion des Finanzdezernenten der Landeskirche übernehmen. Die Landessynode stärkte den eingeleiteten Prozess der Erarbeitung eines Haushaltssicherungskonzepts, das den stark defizitären landeskirchlichen Haushalt bis zum Jahr 2028 wieder ausgeglichen gestalten soll. Gleichzeitig beschloss das oberste Entscheidungsgremium der EKvW unter strikten Auflagen den landeskirchlichen Haushalt für das kommende Jahr 2025. Damit konnte für die Dezernate und Einrichtungen der Landeskirche die haushaltslose Zeit beendet werden, die die Arbeitsfelder im laufenden Jahr belastet hatte, nachdem der Haushalt 2024 Ende vergangenen Jahres nicht genehmigungsfähig gewesen war.
Sexualisierte Gewalt – Wege zu Achtsamkeit und Aufarbeitung
Auf notwendige Konsequenzen für Prävention, Intervention und Aufarbeitung im Themenfeld ‚Sexualisierte Gewalt‘ wies Gastreferentin Nancy Janz hin. Die Sprecherin der Betroffenenvertretung im Beteiligungsforum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gab mit ihrem eindrücklichen, sehr persönlich gehaltenen Vortrag einen Impuls, um die Mitglieder der Synode für den Umgang mit der Problematik zu sensibilisieren. Janz beschrieb die Notwendigkeit eines Kulturwandels in der evangelischen Kirche; nur so könne diese sich in verantwortungsvoller Weise mit dem Thema auseinandersetzen. Dafür mahnte sie eine klare Haltung aller Beteiligten in kirchlichen Zusammenhängen an.
Gesetzliche Neuerungen
Neuland betrat die Landessynode der EKvW mit Entscheidungen über spezielle Kirchengesetze. So verabschiedete sie das sogenannte ‚Kirchengemeindeleitungserprobungsgesetz‘ (KGLEG). Es soll einer begrenzten Zahl von westfälischen Gemeinden die Gelegenheit geben, für einen gewissen Zeitraum ein alternatives Leitungsmodell auszuprobieren, das von der tradierten Form der Presbyterien abweicht. Möglich sein soll ein deutlich kleineres Gremium, das einer erweiterten Gruppe von Kandidat*innen offensteht. Auch die Kooperation über Gemeindegrenzen hinweg wird in diesem Leitungsmodell besser möglich sein. Das Erprobungsgesetz ist zunächst bis April 2032 befristet.
Ebenfalls verabschiedet wurde im Betheler Assapheum ein neues Kinder- und Jugendvertretungs-Gesetz (KJVG) für die EKvW. Es regelt die Gründung von eigenen Kinder- und Jugendvertretungen in Gemeinden, Kirchenkreisen und Landeskirche und verschafft jungen Menschen in kirchlichen Bezügen damit mehr Gelegenheit zu Teilhabe und Gestaltung. Das KJVG wurde aufgrund des gemeinsamen Bezugs zur Landesförderung als Rahmengesetz zusammen mit der Lippischen Landeskirche und der Evangelischen Kirche im Rheinland entwickelt.
Die Wahl einer/eines neuen Präses für die Evangelische Kirche von Westfalen, die ursprünglich für die Herbsttagung der Landessynode angekündigt worden war, konnte während der aktuellen Tagung noch nicht stattfinden. Sie wurde seitens des ständigen Nominierungsausschusses der Landeskirche für Ende März kommenden Jahres in Aussicht gestellt