In Saerbeck gibt es keinen Gegenwind für Windkraftanlagen. Im Gegenteil. Die 7100 Einwohner des Ortes im nördlichen Münsterland sind Feuer und Flamme für die Energiewende. Photovoltaikanlagen und Windräder dominieren die Landschaft des Ortes, den nun eine Gruppe von mehr als 30 Interessierten auf Einladung des Projektes „Klimahelden im Alltag“ des Kirchenkreises Halle und des Klimabeirats der Stadt Halle besuchten.
„Saerbeck ist Klimakommune und Vorreiter auf diesem Gebiet, Wir erhoffen uns neue Impulse von diesem Ausflug“, erzählt Dagmar Pahmeyer vom Klimabeirat der Stadt Halle. Schon lange wollte sie die Gemeinde besuchen, durch eine Kooperation mit dem Evangelischen Kirchenkreis konnte dies nun in die Tat umgesetzt werden. Die Teilnehmenden kamen aus dem gesamten Einzugsgebiet des Kirchenkreises, aus Halle, Steinhagen, Brockhagen, Harsewinkel, Marienfeld und Versmold.
In Saerbeck wurden sie in der gläsernen Heizzentrale des Ortes von Martin Sammler in Empfang genommen. Der Leiter der Stabsstelle Klimaschutz in der Gemeindeverwaltung der Klimakommune Saerbeck gab zunächst einen Überblick über die bisherigen Geschehnisse und Ziele. Die Gemeinde Saerbeck ist Klimakommune. Bis 2030 soll die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt sein: im Stromsektor, bei der Wärmeversorgung und bei der Mobilität.
Seit 2009 wurden über 120 Projekte von klein nach groß umgesetzt. Wichtigstes Projekt ist der Bioenergiepark Saerbeck: Ein zu einem Energiemix aus Wind-, Sonnen- und Bioenergie umgenutztes ehemaliges Munitionsdepot. Die Bürgerinnen und Bürger sind die Investoren, die Gemeinde hat die Entwicklung proaktiv umgesetzt. Bildung für nachhaltige Entwicklung als Hauptthema für den Förderverein der Klimakommune Saerbeck und Forschung für den Klimaschutz sind von Beginn an integrative Bestandteile der Projekte und zeigen, wie es gelingen kann, eine ganze Gemeinde in eine klimafreundliche Zukunft zu führen: bürgergetragen und dezentral.
„Am Thema Energie kommt man als Saerbecker Bürger nicht vorbei“, sagt der Wirtschaftsingenieur für Energietechnik. Bei der Energiewende 2009 und der damit verbundenen Aufbruchstimmung sei man zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen, der Bürgermeister hatte die Motivation, eine leistungsstarke Verwaltung und den Rückhalt aus der Politik, Fraktionen- und Parteiübergreifend. Von Anfang an habe man viele Akteure, Firmen und Vereine aus dem Ort beteiligt und den Bürgern durch die genossenschaftliche Struktur die Mitwirkung ermöglicht.
Inzwischen produziert die Gemeinde viermal so viel Strom wie sie benötigt, es gibt 1000 Photovoltaikanlagen auf 2000 Wohngebäuden, weitere Windkraftanlagen sind in Planung. Eine moderne Biogasanlage wurde gebaut, die FH Münster forscht an Grünem Wasserstoff, der, wie Sammler aber offen zugibt, noch nicht einsatzfähig ist.
Vor Ort kann sich die Gruppe aus dem Altkreis Halle selbst ein Bild machen – Solarmodule werden betrachtet, ein Windrad von innen besichtigt und auch die Forschungshalle wird besucht. Auf den Bunkern des ehemaligen Munitionsdepots sind Photovoltaikanlagen installiert, 24.000 Module insgesamt, mit denen 2000 Haushalte versorgt werden können – ebenso viele wie mit einem einzigen Windrad. „Das ist ein Energiewunderland hier, als ob man in ein Kinderparadies für Erwachsene rein geht, wo immer noch eine Attraktion hinter der nächsten kommt, wo es immer mehr zu entdecken gibt“, sagt Teilnehmer Dietmar Althaus, der ebenso wie seine Mitfahrenden viele Impulse und Ideen mitnimmt.