Niemand musste an diesem Nachmittag abstimmen, aber alle hatten ein Mitspracherecht. Beim Jahresthematag der Frauenarbeit im Kirchenkreis Halle behandelte Referentin Lindtraut Belthle-Drury von der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen gemeinsam mit den mehr als dreißig Frauen im Gemeindehaus Künsebeck das Thema „Demokratie“. Nach Themen wie Heimat, Inklusion und Sprache in den Vorjahren lautet es in diesem Jahr „Machen statt Meckern – Demokratie gestalten in Kirche und Gesellschaft“ und trifft damit den Zahn der Zeit.
Nach der kurzen Andacht mit einem Text aus dem Buch des Propheten Maleachi, dem gemeinsamen Singen des dazu passenden Liedes „Sonne der Gerechtigkeit“ mit Pianistin Julia Schöppinger und dem Kaffeetrinken inklusive leckerem Apfelkuchen wurde zunächst das Wort Demokratie unter die Lupe genommen. Wie auch in den folgenden knapp zwei Stunden war es weniger ein Vortrag, den die Referentin anstrebte, denn ein Austausch mit den anwesenden Frauen. Demokratie, also wörtlich Volksherrschaft, begann vor mehr als 2.500 Jahren in Griechenland, in denen nur Männer Mitspracherecht hatten. Die heutige parlamentarische Demokratie in Deutschland ist im Grundgesetz festgehalten. In ihr wurden Volkssouveränität, Gewaltenteilung und die Achtung der Menschenrechte verankert.
An den Tischen fand ein reger Austausch über Fragen und Aufgaben der Referentin statt, die das augenzwinkernd „Murmelzeit“ nannte: Welche drei Eigenschaften sollten Politiker und Politikerinnen haben? Bei welchen Themen soll die Mehrheit entscheiden oder wann möchte ich selber eine Entscheidung treffen? In einem ausgehändigten Schwedenrätsel konnten fünfzehn Begriffe zum Thema „demokratisch“ und „undemokratisch“ gefunden und diskutiert werden.
Lindtraut Belthle-Drury wies zum Schluss auf zwei Gefahren für die Demokratie hin. Die Politik-Verdrossenheit würde leider immer größer. Um dem vorzubeugen, seien Lehrer angewiesen, den jungen Menschen Wissen über die Demokratie zu vermitteln. Aber auch die ältere Generation sollte zum Beispiel über den medizinischen Dienst oder ehrenamtliche Helfer Unterstützung erhalten – mit Informationen und Hilfe bei der Ausübung des Wahlrechts. Auch der Populismus sei eine große Gefahr für die Demokratie. Oft würde Angst geschürt, um sich einen Vorteil zu verschaffen. „Man könnte noch viel länger über das Thema sprechen, unsere Zeit wird nicht reichen“, bedauerte die Referentin, die Gespräche nicht weiterführen zu können. Sie entließ die Anwesenden, die an diesem Nachmittag mit viel Diskussionsstoff versorgt wurden, mit einem Segen in das Wochenende. -dag-