HALLE – Es begann mit einer Ode an den großen Meister: Das einfühlsame und tief emotionale „Nun komm, der Heiden Heiland“, BWV 659 für Orgel von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750). Ganz wach und gleichzeitig versunken zelebrierte Friedemann Engelbert allein an der Heintz-Orgel dieses Intro. In diesem Auftakt für einen klassischen Kantaten-Gottesdienst, steckte das Versprechen, Juwelen gleich, auf etliche Adventsgeschenke, die diese Stunde der musikalischen Botschaft bereithielt. In der Zusage von Superintendent Walter Hempelmann zur offiziellen Amtseinführung lag viel Wertschätzung und Wärme für den Rieker-Nachfolger mit der Aufforderung auch der Gemeinde das Singen so beizubringen, dass Andere zum spontanen Tanzen bewegt werden.
Engelberts musikalische Handschrift steckte schon in der liturgischen Liedwahl: Im EG stehen die Adventslieder ganz am Anfang, weil hier das neue Kirchenjahr seinen Auftakt nimmt: Von „Macht hoch die Tür“, EG 1, bis hin zu „Tochter Zion, freue dich“, EG 13, sangen sich Gemeinde und Bach-Chor durch den Anfang des Liederbuches. Den ersten großen Ohrenschmaus gab es direkt vor der Einführungszeremonie mit der Motette „Übers Gebirg Maria geht“ von Johann Eccard (1553 – 1611), einem großen Reformationsmusiker inmitten der Renaissance. Das fünfstimmige Werk gipfelt in beiden Strophen im „Magnificat“.
Es standen mit Walter Hempelmann viele Patinnen und Paten aus dem Presbyterium und der Kantorei im Altarraum und befähigten den neuen KMD mit Segenswünschen für sein nicht mehr ganz so neues Amt (Engelbert ist seit Anfang Mai in Halle aktiv). Ausdrücklich als Vorsitzender des kirchenmusikalischen Ausschusses wünschte sich der Superintendent das schon oben erwähnte „Singen, das Tanzen hervorbringt“. Angelehnt an den 1. Korintherbrief, Kapitel 12 sprach Hempelmann von den „vielen Gaben, aber in einem Geist!“ Er sprach von den drei großen Aufgaben in der Haller Kirchenmusik: der musikalischen Gottesdienst-Gestaltung, der engagierten Chorarbeit mit Musikschule und der künstlerischen Leitung der Haller Bach-Tage. Kritisch merkte Hempelmann an, dass sich diese Arbeit auch gegen falsche Töne wenden müsse und der generationsübergreifende Charakter der Musik verbinden möge. Er wünschte sich „offene Tore“ und die Predigt der Chöre für den kommenden Gott. Das voll besetzte Kirchenschiff antwortete mit warmem, lang anhaltendem Applaus als eindeutiges Willkommenszeichen.
Als grandioses Dankeschön führten Bach-Chor, Solist*innen und die Musiker*innen des Orchesters „La Rejouissance“ unter Gregor van den Boom die Kantate „Machet die Tore weit“ von Georg Phillip Telemann (1681 – 1767) auf. Friedemann Engelbert zeigte auch in dieser Facette seine Meisterschaft. Engagiert und sehr präzise führte er den großen Klangkörper durch Chor, Arien und Rezitative. Erwähnenswert die Partien von Sopranistin Kerstin Kunze und Martin Halemeyer, Bass.
Liturgie und Predigt lagen in der sicheren Hand von Pfarrer Nicolai Hamilton. Stark bezog er sich auf den Motettentext, ohne zu Beginn darauf hinzuweisen, dass das Händel-Werk seine Uraufführung in Eisenach erlebte und zu den Werken im „Sizilianer-Rhythmus“ gezählt werde. „Machet die Tore weit“ meine eben nicht Kirchen- oder Haustüren, auch nicht die Türchen am Adventskalender, sondern die Herzentür. Der Arientext meine die Seele als Wohnung für den ankommenden König. Das Unfassbare sei, dass Jesus zu Besuch käme, auch heute, hier und jetzt. Es gehe darum, die Tür zu öffnen und Jesus in die eigene Seele einkehren zu lassen, so Hamilton. Weil dieser Friedefürst Heil und Leben mitbringe, würden Wunden geheilt und das Licht der Gnade könne scheinen. Hamiltons Adventsaufruf lautete: „Liebt einander!“ Mit dem Einzug des Herrn würden die Menschen fähig, zu lieben und die Liebe können in den Herzen der Glaubenden wachsen. Der Gottesdienst endete mit der Wiederholung des Eingangschores der Kantate.
Der herzlichen Einladung ins Martin-Luther-Haus zur kleinen Feierstunde folgten viele Gemeindeglieder, Familie, Freund*innen und Wegbegleiter*innen, Presbyteriumsmitglieder und viele „Fans“ der Kirchenmusik von Friedemann Engelbert. Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann überreichte Blumen und lud das Ehepaar Engelbert spontan zu einem Besuch ins Rathaus mit anschließendem Stadtspaziergang ein. (CG)