HALLE – „Was macht ein Pfarrer eigentlich den ganzen Tag?“ Weil er weiß, dass Menschen sich das immer wieder fragen, hat Pastor Burkhard Steinebel irgendwann einmal angefangen, Tagebuch zu schreiben. Für Zwecke wie diesen: Beim Erzählcafé der Diakonie im November las er Episoden aus eben diesem roten Buch vor.
Mit zwei möglichen Missverständnissen räumte Steinebel gleich zu Beginn auf: Die Farbe des Buches habe nichts zu sagen. Und – das ist ihm besonders wichtig, das spüren alle rund 30 Gäste gleich: „Ich unterliege der Schweigepflicht.“ Er erklärt, dass er das Tagebuch zwar wahrheitsgetreu verfasst, den Inhalt aber verfremdet habe – niemand solle sich wiedererkennen. Eine sehr persönliche Information folgt: Weil er schon als Zehnjähriger langsam, laut und deutlich gesprochen und gelesen habe, habe sein Opa ihm geraten, er solle unbedingt Pastor werden, weil er so eine schöne laute Stimme habe. Seine Frau teile diese Meinung nicht, und habe einmal gesagt: „Du musst mich nicht so anschreien. Du bist hier nicht in der Frauenhilfe.“ Damit hatte er die Lacher auf seiner Seite.
Die nun kommende Zeit verflog schnell, denn Steinebels Einträge sind kurzweilig. Sie behandeln Anekdoten, Ernstes, Schicksale und Schwierigkeiten aus seinem Arbeitsalltag. So berichtete er etwa von einem Taufbesuch bei einem jungen, tätowierten und gepiercten Ehepaar, das immer schwarze Kleidung trug und das er bis dahin nur vom Sehen kannte. „Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie ihr Kind taufen lassen“, gab er zu. Doch sein Vorurteil musste er schnell revidieren: „Heute habe ich die beiden kennengelernt: Zwei ganz sympathische, verantwortungsbewusste, sozial-engagierte Menschen“, las Steinebel vor.
Den einer Frau nahm Burkhard Steinebel sich offenbar zu Herzen: Sie empfahl ihm, er solle Menschen nicht danach beurteilen, ob sie im Gottesdienst erscheinen oder nicht. Auch stellte er im Laufe seiner Zeit als Pastor fest, dass ein Gebet bei einem Geburtstagsbesuch nicht immer angesagt sei. Er schaue inzwischen immer, ob es zur Stimmung passe oder nicht. Manchmal sei es allerdings schwierig einzuschätzen, ob ein Gebet dem Geburtstagskind recht sei oder nicht.
Das passte zu einer weiteren Erkenntnis: Nach einer der regelmäßigen Presbyteriumssitzungen, die er als Vorsitzender vorbereitet und geleitet hatte, kommt er zu dem Schluss, dass er es nicht allen recht machen könne: „Das setzt mir zu“, räumte Steinebel ein.
Burkhard Steinebel beantwortete im Erzählcafé der Diakoniestation auch Fragen der Besucher*innen. Wie Pastoren die Dinge, die ihnen begegnen, verarbeiten – Gute wie Schwierige – beantwortete er so: „Man muss jemandem sein Herz ausschütten können, in einer Supervision oder einem vertrauten Menschen. Unter Wahrung der Schweigepflicht natürlich.“ (fra)