Den „Schnalz“ hat Walter Moritz im Laufe der Jahre perfektioniert. Leicht gefallen ist ihm das Lernen des Klicklauts der Namasprache nicht, doch in seinen 12 Jahren als Missionar in Afrika hatte er zahlreiche Gelegenheiten zur praktischen Ausübung des für westliche Ohren seltsamen Tons. Die Erlebnisse dieser Zeit lieferten ihm bisher Stoff für 33 Bücher, gerade ist mit „Die Topnaar und die !Nara“ das 34. erschienen, das zugleich auch der 27. Band seiner Schriftenreihe „Aus alten Tagen in Südwest“ ist.
Darin schildert Walter Moritz die Geschichte und das Leben des indigenen Namastammes der Topnaar, die in der Namibwüste leben. Eine große Rolle spielt dabei die im Kuiseb-Delta wachsende !Nara (das Ausrufezeichen steht für den in der Namasprache genutzten Klicklaut). Das Kürbisartige Gewächs dient ihnen neben Ziegen als Hauptnahrungsmittel und ist ein wahrer Überlebenskünstler. Der Narastrauch bildet tiefe, bis ins Grundwasser reichende Wurzeln und kann über 100 Jahre alt werden. „Sie wächst aus Gottes Gnaden in der Wüste ohne unser zutun und man kann sie nicht anbauen“, erzählt der ehemalige Missionar und pensionierte Pfarrer. Er war selbst schon bei der Ernte dabei, wenn die Topnaar mit Stäben auf die von Dornen umgebenen Früchte klopfen um ihre Reifheit zu überprüfen. „Mit einem vorne gekrümmten Stock werden sie dann geerntet und mit dem Eselskarren zu einem Platz gebracht“, berichtet Walter Moritz. In dieser „!Nara Fabrik“, wie Moritz den Platz mit Feuerstelle und Topf scherzhaft nennt, wird das Fruchtfleisch mit Spezialmessern ausgelöst und anschließend zu Brei gekocht. Der wird anschließend in ein Dünenbett geschüttet und durch Sonneneinstrahlung zu einer Art Trockenobst, dem so genannten !Narakuchen. Die Kerne der Frucht werden separat getrocknet. „Diese Kerne wurden schon 1670 an Seefahrer verkauft, die unterwegs dadurch wichtige Nährstoffe bekamen“, weiß Moritz.
Sieben Jahre lang hat der heute 87-Jährige am Rande der Wüste in Walvisbaai als Missionar gelebt und dabei auch immer wieder Zeit bei den Topnaar verbracht. Nicht nur das gemeinsame Feiern von Gottesdiensten, in denen Musik und Singen eine große Rolle spielt, ist ihm dabei in Erinnerung geblieben, sondern auch der gemeinsame Bau einer Kirche. „Das war gar nicht so einfach, ich bin ja kein Baumeister“, erzählt der gebürtige Bielefelder lachend. „Die Frauen und Kinder haben Kies für den Beton in der Wüste geharkt und wenn man mal die falschen Nägel hatte musste man gleich 35 Kilometer fahren um neue zu besorgen“.
Seine Arbeit hat der heute in Werther lebende Autor aber nicht nur in der Gottesdienstausübung und der Verkündigung gesehen. „Als ich 1957 nach Afrika kam war es eine schwierige Zeit, die Zeit der Apartheid und der Rassentrennung. Die Schwarzen durften keinen Grundbesitz haben und wurden in Reservate gesteckt. Aber um die Apartheid habe ich mich nicht gekümmert, ich habe gemacht, was ich für richtig hielt. Und das war den Schwarzen mehr Selbstbewusstsein zu geben, ihnen zu zeigen: ‚Ihr könnt das auch‘ und Brücken zu bauen zwischen Schwarzen und Weißen“, sagt Moritz. Noch heute fährt er immer wieder nach Namibia, wo seine Tochter Birgit noch immer lebt. Und wenn er, wie jetzt bedingt durch die Corona-Pandemie, nicht reisen kann, dann setzt sich der 87-Jährige einfach an seinen Schreibtisch, holt weitere Erinnerungen hervor und beginnt ein neues Buch.
„Die Topnaar und die !Nara“ ist bei Walter Moritz persönlich (05203- 3197), in der Haller Buchhandlung Elsner, der Spenger Buchhandlung Nottelmann und bei der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Namibia erhältlich.