Mindestens 291.840 Kilometer hat Christiane Becker in den letzten 19 Jahren an Arbeitsweg zurückgelegt. Dass die Jöllenbeckerin diese Wege in Kauf nehmen würde, um als Pfarrerin in Versmold zu arbeiten, hatten ihre Kollegen bei ihrer Bewerbung bezweifelt. „Das macht die Kollegin nie und wenn dann nur für ein paar Monate“, hatte Dirk Leiendecker damals prophezeit. „Wir haben uns zum Glück geirrt“, gibt der Pfarrer heute unumwunden zu und hat die beeindruckende Zahl der Arbeitswege für einen besonderen Anlass errechnet.
Mit einem Festgottesdienst in der Petri-Kirche wurde Christiane Becker nun in den Ruhestand verabschiedet. Viele Kollegen, Mitarbeitende und Weggefährten verabschiedeten sich von der sichtlich bewegten 65-Jährigen.
Sie ist die erste von insgesamt drei Versmolder Pfarrern, die sich in diesem Jahr noch verabschieden werden – Ende August geht Dirk Leiendecker, Ende Dezember Elisabeth Hübler-Umemoto. „Es hat in den letzten Monaten gut getan, dass ich nicht allein gehen muss, es tat gut, auf diesem merkwürdigen letzten Stück nicht allein zu sein“, berichtet Christiane Becker.
Die gebürtige Bielefelderin studierte Theologie in Wuppertal und Tübingen und absolvierte dann ihr Vikariat in Bochum. Anschließend war sie als Pfarrerin in Dortmund tätig. Seit 2002 hatte sie einen Beschäftigungsauftrag in Versmold, zunächst als Seelsorgerin im Katharina von Bora Haus und zur Unterstützung der Pfarrer in der Innenstadt, seit 2007 war sie zuständig für den Ortsteil Loxten und das Katharina von Bora Haus und übernahm zudem noch gesamtgemeindliche Aufgaben wie die Kinderkirche.
Mit Gitarre und einem Korb voller biblischer Geschichten begeisterte die selbst vierfache Mutter die Kleinen in der Kindertagesstätte, gründete als Frau einen Männerkreis und begeisterte mit Musikalität und Kreativität. Als „empathisch, zugewandt und freundlich, mit einem guten Gespür“ charakterisiert sie Superintendent Walter Hempelmann, ihre Versmolder Kollegen aus dem Pfarrteam schätzen besonders ihre Fähigkeit andere „zu lesen“.
Sie habe stets tollen Einsatz gezeigt, offene Ohren und Augen gehabt, zupackende Hände, tolle Ideen und viel Verständnis, bescheinigen auch die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen aus den verschiedenen Gruppen.
„Ich bin froh, dass ich die letzten 14 Jahre für einen eigenen Seelsorgebezirk zuständig war. Besonders lieb waren mir - und vermissen werde ich - die Gottesdienste, die Seelsorge und die Arbeit mit Kindern!“, sagt Christiane Becker.
Für die Kirchengemeinde bedeutet ihr Ruhestand den Beginn einer Umstrukturierung. Von den drei Stellen, deren Pfarrer in den Ruhestand gehen, werden 1 1/2 wiederbesetzt. Schon seit Jahren bereitet die Gemeinde sich konzeptionell auf diesen Schritt vor, unter anderem folgt daraus das sogenannte Tortenmodell, das die Gemeinde zukünftig in drei Seelsorgebezirke aufteilt.
Auch für Christiane Becker steht nun eine persönliche Umstrukturierung an.
„Du hörst nicht gerne auf, weil du mit Leib und Seele Pfarrerin bist“, sagte ihr Kollege Dirk Leiendecker beim Abschied. „Und uns fällt es schwer, dich loszulassen“.
Ganz loslassen müssen die Kollegen sie allerdings nicht, denn auch im Ruhestand will Christiane Becker sich weiter kirchlich engagieren. Und dafür hat sie schon einen festen Plan: Die 65-Jährige übernimmt ab dem Spätsommer die Seelsorge im Krankenhaus.