Am 1. April 1978 bewarb sich Ulrike Kronsbein auf eine Stellenanzeige in einer Haller Zeitung. Dass daraus eine berufliche Bindung für die nächsten 43 Jahre entstehen würde, konnte die damals 20-Jährige nicht ahnen. „Ich hätte mich selbst nicht angestellt in dem Alter“, sagt die Wertheranerin lachend. Doch der Kirchenkreis Halle sah das damals anders und ging das Wagnis mit der blutjungen Industriekauffrau, die zuvor beim Süßwarenhersteller Storck tätig war, ein. Und so wurde Ulrike Kronsbein Sekretärin bei der neuen Ev. Familien und Erziehungsberatungsstelle im Kirchenkreis Halle e.V. (FEB), die später von der Diakonie als Träger übernommen wurde.
Der erste Arbeitstag fand quasi auf einer Baustelle ohne Schreibtisch und Telefon statt, als Mitarbeiterin der ersten Stunde konnte Ulrike Kronsbein die Beratungsstelle von Anfang an mit aufbauen. „Ich konnte mit wachsen, das fand ich für mich von Vorteil“, sagt die heute 63-Jährige, die sich jetzt in den Ruhestand verabschiedet. Mit „zwei weinenden Augen“ lasse man die liebgewonnene Kollegin nur sehr ungern gehen, erklärt Monika Causemann. Für die Leiterin der FEB war Ulrike Kronsbein „die Seele der Beratungsstelle“, eine unglaubliche Stütze, die immer einen kühlen Kopf bewahrt und stets ein offenes Ohr für die Kollegen hat.
„Ich habe doch nur meine Arbeit gemacht“, lautet Ulrike Kronsbeins Replik auf die vielen Lobesworte, die an ihrem letzten Arbeitstag geäußert werden. Als eine „wunderbare Person, empathisch, zugehend, kompetent und zuverlässig“ charakterisiert Ingo Hansen sie. Der
Geschäftsführers der Diakonie e.V. lernte sie zunächst selbst als Klient der Beratungsstelle kennen bevor er später ihr Chef wurde und weiß aus erster Hand zu berichten. „Sie war ein echter Glücksgriff für die Beratungsstelle“, lautet sein Fazit.
Ulrike Kronsbein hat in all den Jahren mit dazu beigetragen, dass die Beratungsstelle im Nordkreis Gütersloh zu einem festen Bestandteil der psychosozialen Versorgung geworden ist und immer weiter expandieren konnte. Sie war es, die meist den Erstkontakt zu den Hilfesuchenden herstellte, deren Probleme einschätzen musste und die Dringlichkeit der Anliegen. Dabei kreuzten viele menschliche Schicksale ihren weg. „Es ist schon belastend, wenn Klienten anrufen und weinen, wenn sie sehr verzweifelt sind. Ich musste lernen, damit umzugehen und lernen, wie ich selbst wieder kraft schöpfen kann“, erzählt die Wertheranerin. Aus dem Nähkästchen plaudern kann sie aufgrund der Schweigepflicht nicht, weswegen sie auch mit ihrer Familie nicht über die Fälle sprechen kann. Aber im Kreise der Kollegen habe man sich ausgetauscht und unterstützt: „Die Kollegen und das selbstverständliche miteinander, das wir hatten, werden mir fehlen“.
Ihre Berufswahl hat sie nie bereut: „Dass ich 43 Jahre dabei bin bedeutet es hat Spaß gemacht und auch, dass ich wohl ganz gut bin in meinem Job“.
Ihren Ruhestand und das neue „Gefühl von Freiheit“ möchte sie jetzt genießen, unter anderem stehen dabei Freibadbesuche für die leidenschaftliche Schwimmerin und die Pflege des eigenen Gartens an. Drei Wochen lang konnte Ulrike Kronsbein ihre Nachfolgerin Christina Brand schon einarbeiten. Die 51-Jährige ist gelernte Kauffrau und war zuvor in einer Hausverwaltung tätig.