Weil Hartmut Splitter zu viel Dioptrien hatte, konnte er einst nicht bei der Kriminalpolizei anfangen. „Aber ich war nie böse drum und habe nicht bereut, stattdessen Theologie studiert zu haben“, erzählt der Wertheraner Pfarrer. Ende Mai geht der 65-Jährige in den Ruhestand. Seit 1991 ist Splitter in Werther, vorher war er Vikar in Sennestadt und im Hilfsdienst im Kirchenkreis Vlotho.
„Ich bin hier gerne Pfarrer gewesen und habe gerne in Werther gelebt. Im Kollegenkreis und im Presbyterium gab es eine gute Chemie, es gab nie Knies, aber man konnte sich aneinander reiben, was gut und befruchtend war für alle Seiten“, zieht Splitter sein Fazit.
Als Gemeindepfarrer sieht er sich als Teil des Ganzen, aber auch in kritischer Distanz: „Ich habe mich nie als Speerspitze verstanden, sondern auch als Korrektiv. Eine prophetische Haltung ist für mich eine Möglichkeit, Pfarrer zu sein“, sagt der in einem volkskirchlich geprägten Elternhaus aufgewachsene Splitter.
Der Theologe war in Werther auch für die Kindertagesstätten zuständig, wo er manchmal einen Spagat zwischen seinen Funktionen als Dienstaufsicht und Seelsorger vollbringen musste. „Ich habe immer vertrauensvoll mit den Leitungen und Teams gearbeitet, aber es gab natürlich auch Konflikte“, berichtet Splitter. Mit gegenseitiger Achtung und Respekt konnte man die aber meist lösen zu aller Zufriedenheit. Andachten in den Kitas gehörten für ihn immer zu den Höhepunkten seiner Arbeit: „Kinder sind eine ungeheuer dankbare Gemeinde“.
Gremienarbeit war hingegen nie sein Steckenpferd, aber auch kein Graus. Bis heute gehört der gebürtige Bielefelder dem Seelsorgeausschuss an, viele Jahre hat er den Kindergartenausschuss und auch den Gottesdienstausschuss des Kirchenkreises geleitet. Und auch im Partnerschaftskreis ist er Mitglied. „Ich war hier in Werther für Argentinien zuständig, das kam, nachdem meine älteste Tochter 2007 für ein Jahr nach Buenos Aires gegangen ist“, erzählt der Theologe, der vor Ort auch für die Betreuung der Freiwilligen aus dem Partnerschafts-Kirchenkreis Misiones verantwortlich ist.
Besonders geprägt hat ihn seine Arbeit als Notfallseelsorger, die er seit rund 20 Jahren neben seiner Tätigkeit ausübt. „Seelsorge findet zwar auch in der Gemeinde beständig statt, bei Geburtstagsbesuchen oder zwischen den Supermarktregalen in einem Gespräch, wenn Menschen sich öffnen und es an Tiefe gewinnt. Aber in der Notfallseelsorge kann man Menschen in Krisensituationen beistehen, Menschen in den Momenten beistehen, in denen ihr Leben komplett umgekrempelt wird“. Was ihn in den 24-stündigen Bereitschaftsdiensten erwartet, weiß er nie, ob es Unfälle sind, Vermisstenfälle oder andere Unglücksssituationen. „Wichtig ist, Struktur zu schaffen in einer total chaotischen Situation. Die Tätigkeit weitet zum einen meinen Horizont, zum anderen erfüllt es einen mit Dankbarkeit gegenüber dem Leben“, sagt Splitter. Manche Einsätze gehen ihm mehr an die Nieren als andere, zum Beispiel wenn Kinder involviert sind, aber er versucht immer eine innere Distanz zu bewahren. „Diese Arbeit ist erfüllend, aber sie kann auch belastend sein“.
Gemeinsam mit seiner Frau will er nun nach Herford ziehen in die Nähe einer seiner Töchter und sich mehr um die Familie kümmern, die früher oft zu kurz gekommen ist. „Weihnachten war immer eine Katastrophe, auch an Familienfeiern an Sonntagen konnte ich oft nicht teilnehmen. Das war hart für meine Töchter, jetzt möchte ich mehr Zeit mit ihnen und unseren beiden Enkelkindern verbringen“, sagt Splitter. Auch mehr Zeit für Kultur steht auf seiner Wunschliste, auf der aber auch eine Weiterführung anderer Aufgaben steht: Als Notfallseelsorger möchte er aktiv bleiben, ebenso als Lektorentrainer. Am 28. Mai wird Hartmut Splitter im Pfingstgottesdienst um 9:45 Uhr in der Jacobikirche offiziell verabschiedet.