„Jeder, der anonym entsorgt wird, ist einer zu viel“, sagt Dorothea Wenzel mit drastischen, aber klaren Worten. Die Wertheraner Künstlerin findet einen würdigen Abschied für jeden Menschen wichtig und hat sich deshalb mit drei Gleichgesinnten zur neuen „Initiative unbedacht Verstorbener“ zusammengeschlossen. Die Initiative will verhindern, dass Menschen, die keine Angehörigen mehr haben, anonym beerdigt werden müssen.
Vor kurzem fand die erste Beisetzung in Werther statt. Rund 30 Menschen kamen, um Ulrich Raukmann auf seinem letzten Weg zu begleiten. Freunde, Nachbarn, frühere Arbeitskollegen, aber auch völlig Fremde. „Er war eigentlich nur in dem Sinne unbedacht, dass er ohne bestattungspflichtige Angehörige verstorben ist, gekannt haben ihn viele“, sagt Werner Glenewinkel von der Initiative. Ohne sie wäre Raukmann in einem anonymen Urnen-Grab bestattet worden, ohne Trauerfeier, ohne Gedenken. Denn mehr ist nicht möglich mit den rund 460 Euro, die Kommunen für ihre gesetzliche Bestattungspflicht aufwenden.
Dank vieler Spenden konnte der am 4. Oktober 1952 geborene und Mitte Februar 2024 verstorbene Ulrich Raukmann nun auf dem Wertheraner Friedhof in einem Urnengrab beigesetzt werden. Für die erste Beisetzung im Namen der Initiative gab die Stadt Werther eine größere Summe hinzu, das Bestattungsunternehmen Küstermann stellte unter anderem eine Urne und die Trauerhalle zur Verfügung, die Wertheraner Bäckerei Bürenkemper übernahm die Kosten für den Beerdigungskuchen und auch der Blumenladen Langer beteiligte sich mit Grabschmuck. Die beiden Lokalzeitungen Haller Kreisblatt und Westfalen Blatt veröffentlichten unentgeltlich Todesanzeigen.
Folgen soll nun noch ein Kreuz oder eine Platte mit dem Namen des verstorbenen. „Jeder Mensch hat einen Namen – jeder Mensch hinterlässt eine Spur“ lautet das Credo der Initiative. Die Mitglieder wissen nicht genau, wie viele Menschen in Werther unbedacht versterben – schätzen aber, dass es zwischen 12 und 15 Personen sind. Momentan müssen sie noch für jeden Verstorbenen ein einzelnes Grab kaufen – und persönlich die Nutzungsfrist von 30 Jahren übernehmen. Mit der Kirchengemeinde Werther soll eine Lösung gefunden werden, vielleicht ein spezielles Gräberfeld eingerichtet werden mit Stehlen, an denen die Namen der Verstorbenen angebracht werden können, wie es schon auf dem evangelischen Friedhof in Halle geschehen ist.
Durch die Kirchengemeinde sind die Mitglieder der Initiative – Beate Dirkschnieder, Silvia Mehring, Dorothea Wenzel und Werner Glenewinkel auch erst zusammengekommen. Denn im Haus Tiefenstraße gab es beim Kamingespräch einen Vortrag des Bielefelder Sozialpfarrers Matthias Blomeier zum Thema – an dessen Ende die Frage stand, ob es auch in Werther Interesse gebe. Das gibt es, wie die Initiative beweist. „Wir müssen aufeinander achten, auch über das Leben hinaus“, sagt Beate Dirkschnieder. Mit der Initiative soll auch Hoffnung gegeben werden und die Zuversicht für allein lebende Menschen ohne Angehörige, dass sich nach ihrem Tod jemand um ihr Andenken kümmert und sie nicht vergessen werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Initiative auf Spenden, aber auch auf mehr Mitstreiter angewiesen. Mehr Informationen gibt es bei Werner Glenewinkel unter Tel. 05203 883454 und per E-Mail an werner.glenewinkel@t-online.de oder bei Beate Dirkschnieder unter Tel. 05203 5259 oder per E-Mail an beatedirkschnieder[at]gmail.com.