Andacht zum 07. Juni 2020

Wort zum Sonntag Trinitatis, 07. Juni 2020

Das Pfingstfest liegt gerade hinter uns und ich schaue mir noch einmal die Pfingstgrüße an, die ich über WhatsApp von Freund/inn/en und Verwandten erhalten habe – es waren unterschiedliche Kurzvideos und Bilder mit Motiven der Pfingstrose dabei. Die Pfingstrose, eine Rose, die fast in Vergessenheit zu geraten schien. Doch sie ist wieder da, voll im Trend, bestaunt und bewundert von vielen. Was ist das Besondere an dieser Blume, die meist um die Pfingstzeit herum ihre volle Blütenpracht entfaltet? - Es ist eine Rose ohne Dornen, die nur für eine kurze Zeit ihre volle Blütenpracht entfaltet.

Ich erinnere mich an das Märchen „Die Rose ohne Dornen“. Diese besondere, einzigartige Rose zu suchen, machte sich Wanderbursche Jakob auf den Weg, um seinen Kindheitstraum zu verwirklichen, einmal eine richtige Königsfamilie zu sehen und in den Dienst einer Königstochter treten zu können.

Auf seinem Weg begegnete er einer alten Frau, die die Hilfe des jungen Mannes gut gebrauchen konnte. Sie wusste um Rat, wie er sein Ziel erreichen könne, bei der jungen Königstochter Jolinde Eindruck schinden zu können. Die alte Frau wusste um die seltene  Art der  ‚Rose ohne Dornen‘, die weder im prächtigen Königsgarten noch in der Umgebung zu finden war. Eine weiße Taube sollte Jakob den Weg zu der seltenen Rose zeigen. Nach strapaziösen Wegesmühen kehrte Jakob schließlich mit der seltenen Rose zu der alten Frau zurück, doch sie war inzwischen verblüht und ihre Blütenblätter längst abgefallen. Was sollte er nur tun, um sein Traumziel bei der Königstochter zu erreichen? - Wieder wusste die alte Frau einen Rat. Drei Jahre half Jakob der alten Frau bei der Arbeit, hegte und pflegte die Samen der besonderen Rose, bis endlich eine prachtvolle Blüte daraus hervorging. Mit dieser konnte er endlich die Königstochter beeindrucken, sich in ihren Dienst stellen und die Rose an einem besonderen Ort im Königsgarten pflanzen und weiter vermehren. Weil diese Blume jedes Jahr am Pfingstfest erblüht, wurde diese einzigartige Rose ohne Dornen ‚Pfingstrose‘ genannt.

Darum zeigt sich Pfingsten als Fest der Schönheit Gottes. Gott schmückt sich im Glanz heiliger Geistkraft, verwandelt alles zwischenmenschliche Unverständnis in eine Sprache des Neubeginns und der Einheit. Pfingsten lässt die Menschen wieder neu für ihre Ideale und Ziele brennen. Diese pfingstliche Kraft vergegenwärtigt uns, was Gott in seiner Schöpfung an Schönheit für uns unüberbietbar bereit hält. In der Pfingstzeit nimmt Gott uns in die Bewegung der heiligen Geistkraft, der Schönheit Gottes, hinein und überwindet abstoßende Hässlichkeit durch anmutende Schönheit, Finsternis durch Licht, Hass durch Liebe, Streit und Unverständnis durch neues Verstehen, Krieg durch Frieden und Tod durch neues Leben. Gott schmückt sich im Glanz vollkommener Geistkraft, die uns dazu bewegen will, alles zu tun, damit dieser Glanz sich durchsetzt – in einer Welt, die sich in voller Blütenpracht zeigt, wie die Rose ohne Dornen, die Pfingstrose. Dazu will Gottes heilige Geistkraft uns in Bewegung setzen, uns aufstehen lassen – gegen Hass, Unverständnis, Dunkelheit, Rassismus, Diskriminierung, Krieg, Folter und Gewalt für eine prachtvolle, farbenfrohe, leuchtende Welt voller Schönheit und Kraft, -  eine Welt ohne Dornen, eine heilvolle Welt, in der erfülltes, wahrhaftiges Leben möglich ist.