Andacht vom 03. Juni 2012

03. Juni 2012 – Trinitatis

Wochenspruch: Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth alle Lande sind seiner Ehre voll. (Jes. 6,3)

Als Pastorin für Gehörlose wurde ich einmal von einer gehörlosen Frau gefragt: „‘Gottes Herrlichkeit was ist das?`“ Zuerst versuchte ich zu antworten, indem ich das Wort „herrlich“ erklärte: „Herrlichkeit – das ist etwas ganz schönes, bei dem wir uns wohlfühlen. Zum Bespiel wenn uns das Wetter besonders gut gefällt, sagen wir: Das Wetter ist herrlich.“

Natürlich war die Frau mit dieser Antwort nicht zufrieden. Sie wollte es genauer wissen. Ich merkte: eine Erklärung ist gar nicht so einfach. Mir fiel ein Satz aus der Abendmahlsliturgie ein: „Heilig, heilig, heilig ist Gott, der Herr Zebaoth. Voll sind Himmel und Erde seiner Herrlichkeit.“ Das habe ich im Gottesdienst immer so verstanden, dass Gottes Herrlichkeit  - im Sinne von „Gottes Macht und Größe“ - überall ist. Deshalb lautete mein zweiter Erklärungsversuch: „Gottes Herrlichkeit - das ist Gottes Macht und Größe. Sie ist überall.“

Doch der Frau war das zu abstrakt. Sie fragte: „Geht es nicht konkreter, genauer?“ Also schlug ich meine Luther-Bibel auf und las Jesaja 6,3: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll.“ Da stand nun Ehre statt Herrlichkeit. Ich fragte mich: Wie hängt das miteinander zusammen und holte meine hebräische Bibel. Das fragliche Wort bedeutet zunächst: Schwere, Gewicht, Bedeutung. Und dann auch: Ehre, Herrlichkeit. Und der Teil des Verses heißt dann etwa: Fülle der ganzen Erde – sein Gewicht, seine Bedeutung. Im Hebräischen ist das ein ganzer Satz. Im Deutschen muss man ein Verb ergänzen. Zum Beispiel: Die Fülle der ganzen Erde ist sein Gewicht/seine Bedeutung. Und dann auch: Die Fülle der ganzen Erde ist seine Ehre/seine Herrlichkeit.

Deshalb sagte ich schließlich zu der Frau: „Gottes Herrlichkeit – das ist die Fülle der ganzen Erde, die ganze Natur zusammen mit den Tieren und Menschen.“ Und ich war selbst sehr überrascht wie konkret das ist.


von Heike Kerwin, Pfarrerin für die Gehörlosenseelsorge im Evangelischen Kirchenkreis Halle