Andacht vom 16. Oktober 2016

Andacht zum 21. Sonntag nach Trinitatis, 16. Oktober 2016

Liebe Leserinnen und Leser,
in der evangelischen Petrikirche in Versmold steht ein kleiner Verkaufsstand mit Eine-Welt-Produkten. Nach den Gottesdiensten oder an den Tagen der „offenen Kirche“ können Besucherinnen und Besucher der Kirche fair gehandelte Produkte wie Kaffee, Tee, Schokolade und mehr kaufen.

An einem Mittwochnachmittag im September war ich auf dem Weg in die Kirche, weil mir der Kaffee ausgegangen war. Unterwegs begegneten mir Schüler, die bei mir den Religionsunterricht besuchen. Sie fragten mich, wo ich denn hingehen wolle. Ich sagte: „In die Kirche.“ „Was wollen Sie denn jetzt in der Kirche. Es ist doch Mittwoch“, entgegneten mir die Jugendlichen. „Kaffee kaufen“, sagte ich kurz. Die Jugendlichen guckten mich an, als wollten sie sagen: Jetzt will er uns komplett verar… In der Kirche Kaffee kaufen – wem will er das denn erzählen?
Ich lud die Schüler ein, mit in die Kirche zu kommen und sich davon zu überzeugen, dass Christen eben nicht nur von einem fairen Miteinander der Menschen in der Welt reden, sondern auch danach handeln. Zum Beispiel, indem sie bevorzugt Produkte erwerben, die für gleichberechtigten und nachhaltigen Handel stehen.

Kirche bezieht Stellung, nicht nur in Worten. An Taten werden Christen gemessen. Glaubwürdigkeit einer engagierten Botschaft besteht darin, dass man gewichtige Worte mit entsprechendem Handeln unterstreicht und ihnen so ihr Gewicht gibt. Das haben wir von Jesus Christus gelernt, der in seinem Wirken eine die Menschheit umfassende Liebe Gottes nicht nur gepredigt, sondern vor allem gelebt hat in der Hinwendung zu Menschen, die meistens am Rand der Gesellschaft standen.

Wenn wir am Sonntag in die neue Woche gehen, steht am Anfang ein gewichtiges Bibelwort, das uns als Impuls für unser christliches Lebens dienen kann. Im Römerbrief lesen wir: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Lass die Liebe Gottes lebendig werden, gerade in Zeiten, die uns Lieblosigkeit und Menschenverachtung vor Augen führt. Das lese ich in diesen Worten.

In Zeiten, in denen Terror zum Alltagsgeschehen gehört, ist Gottes Liebe als klares Gegengewicht gefordert. In Zeiten, in denen ein Ungeist, den wir hofften überwunden zu haben, sich neu breit macht, um gegen Migranten und Flüchtlinge zu hetzen, ist Gottes Liebe als klares Gegengewicht gefordert.
Christen als Botinnen und Boten der Liebe Gottes müssen Stellung beziehen, nicht nur in Worten, sondern auch in Taten. Kirche als Gemeinschaft der Liebe Gottes – was für eine Chance in dieser Zeit.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und eine schöne neue Woche!

von Rüdiger Schwulst, Pfarrer für Religionsunterricht an den Schulen des CJD in Versmold