06. Mai 2012 - Kantate
„Ich singe dir mit Herz und Mund, / Herr, meines Herzens Lust, / ich sing und mach auf Erden kund, / was mir von dir bewusst.“ – Wahrscheinlich kennen viele dieses Lied aus dem Evangelischen Gesangbuch? In vielen Gottesdiensten erklingt es am Sonntag „Kantate“. Der Name des Sonntags stammt von dem zugeordneten Psalm 98: „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.“
Ein neues Lied, nicht die alte Leier soll zu hören sein. Nicht die Wiederholung der Klage über das, was in der Welt schlecht und schwer auszuhalten ist, – sondern ein neues Lied. Ein Lied voller Freude, ein Lob an Gottes Adresse für das Wunder des Lebens. Ein Dank an Gott dafür, dass das Leben besteht und weitergeht. Ein Dank an Gott dafür, dass es Bewahrung in Gefahr gibt. Ein Dank an Gott dafür, dass aus Krisen heraus neue Chancen sichtbar werden und dass aus der Lähmung des Lebens eine neue Lebendigkeit entsteht.
Loblieder sind Gebete. Wir singen, wenn es uns gutgeht. Wir können aber auch singen, weil wir – noch gefangen von dem, was uns nicht frei atmen lässt – schon das Vertrauen aufbringen, dass Gott in unserem Leben Neues entstehen lassen wird.
Wir singen und spielen davon in den Posaunenchören und Kantoreien, an Orgel und Keyboard, in Gospelchören und bei Lobpreisabenden, in Konzerten und Gottesdiensten, mit Kindern und mit Senioren. Wir singen und spielen von dem Gott, der uns nicht im Stich lässt, sondern hilft und rettet. Wir singen und machen Musik in der Kirche, damit wir uns selbst unseres Glaubens vergewissern – und damit die Welt es hört.
Für viele Menschen ist die Kirchenmusik eine Brücke, um erstmals oder wieder in Kontakt mit der Kirche zu kommen. Musik ist die universale Sprache der Menschheit, die christliche Textaussagen interpretiert und predigt. Musik ist die universale Sprache, die uns heilsam berührt, die auch Menschen noch erreicht, die sich weit in ihr Inneres zurückgezogen haben: an Demenz Erkrankte, autistisch veranlagte Kinder, Patienten nach einem Schlaganfall.
„Ich singe dir mit Herz und Mund, / Herr, meines Herzens Lust“ - Der 98. Psalm lässt die ganze Welt mitsingen: „…das Meer brause … und alle Berge seien fröhlich…“ – Jubel über Gott, der kommt und die Dinge der Welt zurechtbringt.
von Silvia Schultz, Pfarrerin der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Borgholzhausen