Andacht vom 20. März 2016

Wort zum Palmsonntag, 20. März 2016

Nun mal schön langsam!

Dass einem die Haare zu Berge stehen, droht zum Dauerzustand zu werden. Was ist nicht alles los in der Welt! Flüchtlingsgipfel und das Aufkommen rechter Gruppierungen, Sorge um die Währung, das Verhältnis zur Türkei und, und, und. Im privaten Bereich sieht es oft nicht anders aus. Für jedes Kind ein eigener Terminplaner, Arbeitsverdichtung in allen Betrieben, auch die Freizeitaktivitäten sind oft anstrengend und herausfordernd. Das Smartphone hält mich ständig auf dem Laufenden. Eine Gesellschaft im Dauerstress.

Die neue Woche will einen Kontrapunkt setzen. Als einzige im ganzen Jahr lädt sie ausdrücklich zu Stille und Besinnung ein. Nun mal schön langsam! Alles herunterzufahren, das Fernsehen auszulassen, auf den Sport zu verzichten, vielleicht ist es genau das, was uns gut tun kann. Es ist die Karwoche. Sie hat ihren Fluchtpunkt im Karfreitag. Das ist für mich der höchste Feiertag. Nirgends ist Gottes Liebe so deutlich geworden wie an diesem Tag. Jesus geht seinen Weg bis ans Ende, bis ans Kreuz. Er gibt sich hin, damit wir dem Leben nicht einfach  ausgeliefert sind. Er stirbt, weil wir leben sollen.

Nach dem Zeugnis der Bibel war der Tod Jesu von einer Sonnenfinsternis und einem Erdbeben begleitet. All das, was sonst so wichtig ist, wird in seinen Grundfesten erschüttert. Gönne ich mir eine Woche der Besinnung! Lese ich am Schluss eines Evangeliums vom Leiden und Sterben Jesu. Sage ich „ja“ zum Karfreitag und „nein“ zu den Ansprüchen, die ich zurückweisen kann. Fünf Tage ohne Nachrichten, das kann man aushalten. Aber ein Leben ohne die Nachricht dieses einen Tages will ich mir nicht vorstellen.

von Holger Hanke, Gemeindepfarrer in Werther