18. März 2012 - Laetare
„Ich könnte mich den ganzen Tag ärgern, aber ich muss nicht!“ lautet ein Bürospruch. Ich muss nicht, aber manchmal tue ich es doch und plage mich mit Ärger, Sorgen, Ängsten. Deshalb beeindruckt mich an den Sätzen aus dem Philipperbrief (1, 15-21) die Gelassenheit, ja, die Freude, die er ausstrahlt.
Wenn man nicht sehr genau hinhört, dann merkt man nicht, dass Paulus diese Sätze aus dem Gefängnis in Rom schreibt. Er wartet auf seinen Prozess und der Ausgang ist ungewiss. Davon abgesehen, gibt es genug, was ihm Gedanken macht: die Situation der Gemeinde, die sich um Paulus sorgt, und offensichtlich gibt es Christen, die die Situation für sich ausnutzen und aus Neid versuchen, Paulus und seiner Arbeit zu schaden. Eigentlich sieht alles ziemlich finster aus. Woher also nimmt Paulus in dieser Situation Gelassenheit, Zuversicht, Freude? Meister Eckardt, der große spirituelle Lehrer, hat einmal gesagt: „Wenn du einen Kreis ziehen willst, dann gib acht, dass du die Mitte recht fest setzt.“
Für Paulus ist es ganz klar. Nicht er selbst ist der Mittelpunkt seines Lebens, sondern Jesus. Dass Christus groß werde, dass Jesus verkündigt werde, darauf kommt es an! Und daraus gewinnt er seine Gelassenheit: im Umgang mit den Menschen, die ihn nicht mögen, ihm Böses wollen, im Aushalten seiner ungewissen Situation im Gefängnis.
Wenn nur Christus verkündigt wird! Das sind steile Sätze. Wir können sie abtun und denken: Paulus – der war eine Ausnahme, so fromm, so ausschließlich auf Gott bezogen. Wer ist das schon, wer kann/will schon so leben? Auf der anderen Seite merken wir doch, wie anstrengend es sein kann, wenn jede/r der Mittelpunkt seines eigenen Lebens ist.
Wenn immer nur ich selbst wichtig bin, dann ist das ein kleiner, armer Lebenskreis, in dem ich selbst auch immer kleiner und ärmer werde. Wenn du einen Kreis ziehen willst … wir alle ziehen mit unserem leben einen Kreis und es lohnt, darüber nachzudenken, wo wir die Mitte setzen wollen.
Und noch etwas gibt es, was Paulus gelassen macht: „der Beistand des heiligen Geistes und eure Gebete.“ Er vertraut darauf, dass er auch im Gefängnis nicht ohne Gottes Hilfe ist. Und er weiß, dass es ein starkes Netz aus Fürbitten gibt, dass ihn hält.
Wir reden und hören viel von sozialen Netzwerken, mit denen wir Kontakte und Freundschaften pflegen und nutzen. Im Grunde sind die Fürbitten ein Netzwerk, ein sehr altes und effektives. Es ist eine große Quelle der Unterstützung und Kraft.
Christiane Becker ist Pfarrerin in Versmold, Bezirk Loxten.