Andacht vom 25. Juni 2017

Wort zum 2. Sonntag nach Trinitatis, 25. Juni 2017

Liebe Leserinnen und Leser,

an diesem Wochenende geht die Spargelsaison zu Ende. Bis zum Johannistag (24. Juni) währt die Saison, so sagt es die alte Regel. Mag sein, dass die eine oder der andere gern nach dem 24. Juni auch noch von diesem herrlichen Gemüse zehren möchte. Doch Einsicht ist hier geboten.
Denn: der Spargel braucht ausreichend Zeit, um bis zum ersten Frost in mindestens 100 Tagen durchzuwachsen und einen grünen Busch zu bilden. Das mag man beklagen, aber nur so ist genügend Zeit gegeben, um für das kommende Jahr Kraft zu sammeln.
Ein Rhythmus wird darin deutlich, der nur mit Schaden – um den Preis der Zukunft –unterbrochen werden kann.
Für mich ist dieser Rhythmus ein Gleichnis in dem sich auch – bewusst oder unbewusst – unser Leben spiegelt.
Unser Leben vollzieht sich in den Polen zwischen Entspannung und Anspannung, von Erholung und Arbeit. Auch unsere Seele bleibt diesem Rhythmus treu. Die Einnahmen sollten – wie bei einem guten Geschäftsmann – immer größer sein als die Ausgaben. Unsere Seele braucht genügend Zeit, um Kräfte zu sammeln. Sie will genährt sein. Man kann sich nicht dauernd verausgaben. Dann nimmt man Schaden. Nicht umsonst sind Worte wie Salutogenese in unserem Sprachgebrauch inzwischen angekommen.
Die vor uns liegende Zeit mit dem Beginn der Sommerferien ist eine gute Möglichkeit, unsere Seele zu nähren. Vertan wäre die Chance, wenn wir diese Zeit jedenfalls unter den gleichen Druck setzen würden, wie schon den Alltag oder auch mit übersteigerten Erwartungen angingen. Das ist wohl auch eine Wahrheit, um die wir nicht herumkommen: Nicht erst in den Ferien, sondern schlichtweg im Alltag braucht es einen Rhythmus, den wir einüben sollten, um unsere Seele zu nähren. Jedenfalls erzählt die Bibel eben von einem von Gott gewollten ausgewogenen Verhältnis von Alltag und Sonntag. Am heutigen Tag kann ich damit beginnen, den zu suchen, der mich an Leib und Seele ernährt: Gott selbst.

von Walter Hempelmann, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Halle