Andacht zum 13. Sonntag Trinitatis, 30. August 2015
Saulus ist auf dem Weg. Er ist auf dem Weg, das zu tun, was er schon seit Jahren voller Eifer tut:
Er verfolgt diesen neuen Glauben und seine Anhänger, die Christen. Voller Überzeugung tritt er dafür ein. Die Geschichte von Jesus, dem von Gott gesandten Messias, hält er für erstunken und erlogen. Schlimmer noch, was die Christen da machen, ist Gotteslästerung. Aber dann, mitten auf seinem Weg, passiert etwas, womit er nicht gerechnet hat. Saulus hat eine Erscheinung. Jesus begegnet ihm. Und Jesus fragt ihn: „Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich?“ (Apg 9,4)
Alles, was Saulus die letzten Jahre getan hat, wovon er überzeugt war, wofür er so leidenschaftlich stritt und kämpfte, wird in Frage gestellt. Worauf er gebaut hat, geht zu Bruch: Er muss erkennen, dass die Geschichte von Jesus wahr ist. Damit wird auch das Bild, das er von sich selbst hat, ein glühender Verteidiger des rechten Glaubens zu sein, zerschmettert. Es ist klar, dem Weg, den er bisher gegangen ist, kann er nicht mehr folgen. Nun tappt er im Dunkeln. In der Apostelgeschichte steht, dass er nach der Begegnung mit Jesus blind war: Er sieht seinen Weg nicht mehr. Weiß nicht, was er denken und tun soll.
Es kann verunsichernd sein, wenn man zu der Überzeugung gelangt, dass ein lange verfolgter Weg nicht mehr gangbar ist. Selbst wenn ich weiß, dass ich eine neue Richtung einschlagen muss und es auch will, stellt das das Bild, das ich von mir selbst habe, auf den Kopf. Vielleicht beschleicht mich auch der Gedanke, was andere, meine Familie und meine Freunde sagen werden, wenn ich mich verändere. Und werde ich nicht mir selbst untreu? Ich denke, dass die Geschichte von Saulus auch auf diese Frage eine Antwort sein will: Jeder hat das Recht sich zu verändern und sei diese Veränderung noch so tief.
Was aus Saulus geworden ist, wissen wir: Er wurde Paulus, Apostel Christi. Was aus uns wird, wenn wir neue Wege gehen, wissen wir nicht. Doch wir können darauf vertrauen, dass Gott uns begleitet, gerade dann, wenn wir uns unserer selbst nicht mehr sicher sind.
von Katharina Blöbaum, Vikarin in der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Versmold