Andacht vom 30. September 2018

Andacht zum 18. Sonntag nach Trinitatis, 30. September 2018

Vor einiger Zeit hörte ich eine kleine Geschichte, die mich faszinierte. Sie trägt die Überschrift „Glück oder Unglück?“: Der Verfasser ist unbekannt.

Ein Bauer hatte sehr mageres Land zu beackern, nur einen Sohn, der ihm half, und nur ein Pferd zum Pflügen. Eines Tages lief ihm das Pferd davon. Alle Nachbarn kamen und bedauerten den Bauern wegen seines Unglücks. Der Bauer blieb ruhig und sagte: „Woher wisst ihr, dass es Unglück ist?“

In der nächsten Woche kam das Pferd zurück und brachte zehn Wildpferde mit. Die Nachbarn kamen wieder und gratulierten ihm zu seinem Glück. Wieder blieb der Bauer ruhig und sagte: „Woher wisst ihr, dass es Glück ist?“

Eine Woche später ritt sein Sohn auf einem der wilden Pferde und brach sich ein Bein. Nun hatte der Bauer keinen Sohn mehr, der ihm helfen konnte. Die Nachbarn kamen und bedauerten sein Unglück. Wieder blieb er ruhig und sagte: „Woher wisst ihr, dass es Unglück ist?“

In der folgenden Woche brach ein Krieg aus, und Soldaten kamen ins Tal, um junge Männer mitzunehmen, mit Ausnahme des Bauernsohns, der nicht mit musste, weil er sich ein Bein gebrochen hatte.

Glück oder Unglück? Wer kann das schon sagen? Und wann kann man das eigentlich sagen? Ich entdecke mich in den Nachbarn wieder. Ganz schnell habe ich mein Urteil gefällt, ob etwas Glück oder Unglück ist. Und ganz schnell stelle ich auch Gott die Frage: „Warum lässt du das eigentlich geschehen? Warum hast du dieses Unglück nicht verhindert?“ Aus dieser Geschichte lernen wir: Oft kann sich etwas, was zuerst aussieht wie ein Unglück, im Nachhinein als Glück erweisen. Häufig kann uns eine negative Erfahrung, Krankheit, Sorgen, Leid letztlich zum Positiven dienen. Wir reifen, wachsen im Glauben, werden demütig, verändern uns. Wir erkennen erst im Nachhinein, dass Gott auf krummen Linien gerade schreibt.

Gott sagt: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, sondern soviel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken. (Jes 55, 8+9) Ich wünsche Ihnen, dass Sie es erleben, dass sich Unglück in Glück verwandelt und Sie in diesen Erfahrungen Gottes Handschrift erkennen können.

 

Bernd Eimterbäumer ist Pfarrer in der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Halle