08. Juli 2012 - 5. Sonntag nach Trinitatis
Glaube und Aberglaube – oder: Gibt es einen Fußballgott?
Wenn Sie diese Zeilen lesen, dann ist das Finale der Euro 2012 schon wieder acht Tage Vergangenheit: Spanien hat gewonnen. Italien hat die Deutschen im Halbfinale besiegt. Die Katerstimmung ist wieder abgeebbt.
Mir ist bei dieser Europameisterschaft eines besonders aufgefallen: Es gab viele Spieler, die sich vor dem Schritt auf den Fußballplatz öffentlich bekreuzigen. Und in der Vorrunde hat der polnische Nationaltorwart vor einem Elfmeter das Knie gebeugt und gebetet. Danach stellte er sich dem griechischen Elfmeterschützen – und hält tatsächlich den Strafstoß.
Da soll noch einer sagen, Beten bringt nichts.
Jetzt mal im Ernst: Christinnen und Christen wissen, dass Beten natürlich immer etwas nützt. Aber ob das der Grund für den gehaltenen Elfmeter ist? Das glaube ich persönlich nicht.
Es gibt für Christen nie einen Grund, den eigenen Glauben zu verstecken. Auch wenn der Vater Jesu Christi kein „Fußballgott“ ist, wie Toni Turek einst einer war, kann der Glaube an Gott doch eine wichtige Rolle spielen - auch in einem solchen Fußballturnier. Lukas Podolski hat so schön gesagt: „Gott glaubt stets an Dich, also verliere Du auch nie den Glauben an Dich.“
Selbstbewusstsein, durch das Wissen, dass Gott mich auf meinem Lebensweg nie allein lässt – ich glaube, das steht allen Menschen gut an. Jedenfalls bringt diese ganz persönliche Beziehung zu Gott mehr also manches „abergläubisches“ Ritual, das andere Fußballspieler bevorzugen: Immer mit dem rechten Fuß zuerst auf den Platz laufen (Miroslav Klose).Oder: Die alten Schienbeinschoner zu jedem Spiel anziehen (Mario Gomez), auch wenn sie inzwischen zu klein geworden sind.
Klar, solche Rituale und feste Gewohnheiten geben innere Ruhe und Sicherheit. Aber ganz ehrlich: Da ist mir ein Gebet doch lieber – und wirkungsvoller: Mal eben Kontakt nach oben aufnehmen, in einer entscheidenden Situation – und den Dank auch nach dem Tor zum Himmel schicken. Schließlich glaubt Gott immer an Dich – auch, wenn Du mal nicht Leistungsträger Deiner Mannschaft bist.
von Kirsten Schumann, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Steinhagen