Andacht zum 26. Juli 2020

Zurzeit steht wieder der Halbmond am Himmel. Jeden Abend gehe ich vor dem Schlafengehen noch mal auf die Terrasse oder den Balkon – manchmal auch längere Zeit – und sehe den Sternenhimmel an. Ich freue mich, wenn ich den „Großen Wagen“ sehe oder manchmal sogar den Andromedanebel – 2,5 Millionen Lichtjahre von uns entfernt. 

Wenn ich den Halbmond sehe, fällt mir immer das Abendlied von Matthias Claudius ein „Der Mond ist aufgegangen“. Da heißt es in der 3. Strophe: „Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön. So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie nicht sehn.“ Wir wissen so wenig über das Weltall, über uns selber und über die Situation der Menschen um uns herum – und sind doch oft so schnell mit unserem Urteil. 

Demut lernen kann man, wenn man den Sternenhimmel mit dem Halbmond ansieht, entdecken, wie klein und begrenzt wir wirklich sind. „Wir spinnen Luftgespinste und suchen viele Künste und kommen weiter von dem Ziel“ heißt es auch in dem Abendlied. Wenn Matthias Claudius von dem Ziel spricht, dann meint er ein Leben mit Gott und ein Leben mit Liebe zu den Menschen. 

Er selbst war voller Lebensfreude und Dankbarkeit und hat auch in den schweren Stunden seines Lebens etwas von der Güte und Kraft Gottes gespürt. Darum schreibt er in dem Abendlied: „Gott, lass dein Heil uns schauen, auf nichts Vergänglichs trauen, nicht Eitelkeit uns freun; lass uns einfältig werden und vor dir hier auf Erden wie Kinder fromm und fröhlich sein“. „Einfältig“, das heißt bei ihm nicht dumm, sondern einmal gefaltet, eindeutig, nicht so kompliziert und undurchschaubar. 

In diesen Corona-Zeiten habe ich oft dieses schöne Abendlied auf der Terrasse mit der Gitarre gesungen – und oft waren das die geborgensten und ruhigsten Momente des ganzen Tages. Vielleicht suchen Sie sich das Lied mal im Gesangbuch oder im Internet und lesen oder singen es abends. Man wird dabei ruhig und und spürt etwas von der Geborgenheit, die Gott schenken kann.

Von Pfarrer i.R. Friedrich-Karl Völkner, Halle