„Es reicht mit dem Stillstand.“ – So lässt sich die Stimmung in großen Teilen unserer Gesellschaft benennen. Es soll doch bitte alles wieder in Bewegung kommen, einen Fahrplan brauchen wir: Was wird wann gelockert, wieder geöffnet werden?
Das Erschrecken über das Virus, über seine Verbreitung und die Leichtigkeit der Infektion ist zurückgegangen. Wir wissen mehr darüber. Und wir haben im medizinischen Bereich in Deutschland damit bisher vergleichsweise gut umgehen können.
Jetzt also: In einer „neuen Normalität“ leben.
Für mich liegt der Akzent auf „neu“. Denn „Normalität“ - das klingt nach einem unreflektierten Zurück zu unseren alten Lebensgewohnheiten, nur jetzt eben mit Mund-Nasenschutz und zwei Metern Abstand. Schon vor der Pandemie wussten wir aber doch, dass die Überfülle an Konsum einen gedankenlosen Verbrauch der Ressourcen der Erde bedeutet und dass es viele Verlierer gibt. Die „Fridays for Future“-Bewegung hat uns diese Grenzen noch einmal verstärkt vor Augen geführt.
Für mich liegt der Akzent auf „neu“. Anders leben, mit größerem Tempo unsere Lebensgewohnheiten verändern und auch unsere Wirtschaft umbauen: Qualität statt Quantität. Auch wenn die Pessimisten unter den Zeitgenossen sagen: diese Welt geht ohnehin kaputt. Auch wenn die Egoisten sagen: nach mir die Sintflut. Mich vertrauensvoll-trotzig an die Zusage unseres Gottes halten: „Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.“ (Jeremia 29,11).
Zukunft und Hoffnung statt alter Normalität. Nach Gottes Willen an einer Welt mit bauen, in der alle gut leben können. Erinnern wir uns daran, was uns in den ersten Tagen des Erschreckens gut getan hat: der Kontakt mit seinen liebsten Menschen und die Solidarität in der Gesellschaft, gesund zu sein und sein Auskommen zu haben, entschleunigte Tage, Freude an der Natur, Freiheit, Frieden. Das festzuhalten, sich darauf auszurichten, das lohnt sich.
von Silvia Schultz, Gemeindepfarrerin in Borgholzhausen