Andacht vom 16. November 2014

Wort zum vorletzten Sonntag im Kirchenjahr, 16. November 2014

Streng genommen habe ich bereits im Hochsommer in Schweden mein erstes adventliches Gebäck gegessen. Kardamom, Nelken, Zimt, Anis usw. das sind Gewürze, die bei uns in Deutschland traditionell zum Backen für Advent und Weihnachten verwandt werden. In Skandinavien ist das nicht so.

Reisefieber und auch Globalisierung haben unsere alten Traditionen im Advent durchbrochen. Mehr und mehr ausgehöhlt wird der Advent außerdem durch unseren Lebensrhythmus, in dem wirtschaftlicher Wachstum eine bestimmende Schlagkraft ist. Deshalb werden typische Adventsartikel schon vor – zum Teil sogar weit vor – der Adventszeit angeboten.

In dem Konsumwirrwar hilft mir persönlich ein klarer Standpunkt: Alles zu seiner Zeit. Es gibt eine Zeit der Vorbereitung des Advents. Und es gibt eine Zeit der Feier des Advents. Beides ist klar voneinander zu unterscheiden. Und diese Freiheit nehme ich mir, ganz bewusst. Denn es ist wichtig, dass die bedächtige, schwere Zeit im November mit Volkstrauertag und Ewigkeitssonntag auch ihren Raum behält. Nicht nur, weil dann später die Lichter im Advent heller zu strahlen scheinen. Sondern auch, weil wir sonst dem Leben und der Botschaft des Buches zum Leben nicht gerecht würden.

Dunkelheiten, Zeiten, in denen es schwer ist, Tod und Traurigkeit gehören zu unserem Leben dazu. In der Bibel, in Psalm 23, wird in diesem Zusammenhang von einem „finsteren Tal“ gesprochen und zugleich auf Gott verwiesen, der auch auf diesen Wegstrecken mit uns mitgeht. „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ –

Die dunkle Stimmung im November aushalten und seine schweren Tage nicht verdecken, heißt dem Leben gerecht zu werden. Es bedeutet, Gott mit hineinzunehmen, wo wir ihn am nötigsten brauchen, und die Zusage zu hören, dass er gerade da uns zur Seite steht, wo wir Ohnmacht erleiden. Wir sollten uns genau dazu die Zeit nehmen – Zeit, um dem Leben und der Zuwendung Gottes gerecht werden zu können.

von Beatrix Eulenstein, Pfarrerin mit sozial-diakonischen Aufgaben im Evangelischen Kirchenkreis Halle