Andacht zum 07. November 2021

Wort zum Beginn der Friedensdekade, Sonntag, 07. November 2021

Als ich vor dem Haus meiner Freundin angekommen war und aus dem Auto stieg, hüllte sie mich sofort ein: sehr laute Schlagermusik. Auf der Suche nach ihrer Quelle entdeckte mein erstauntes Auge keine fröhliche Feiergemeinschaft, sondern einen einsamen Mann in seiner Garage werkeln. – Hier tobte ein ohrenbetäubender Nachbarschaftskrieg, wie ich später von meiner Freundin erfuhr. Auslöser waren unterschiedliche Sichtweisen auf das Corona-Virus. Während des letzten Lockdowns hatte der Nachbar meiner Freundin als Leugner des Corona-Virus und darum entschiedener Gegner aller Maßnahmen zum Schutz vor ihm mehrmals wöchentlich mit Gleichgesinnten vor seiner Garage laute Festgelage abgehalten. Worte der Sorge und Bitten um Ruhe prallten ab. Schließlich hat ein anderer Nachbar gehandelt und die Polizei verständigt. Nun leiden viele stumm an einem unüberhörbaren Racheakt und hoffen auf wiedereinkehrende friedvolle Stille in der eigentlich beschaulichen kleinen Straße.- Ist Frieden machbar und wenn ja, wie? Seit über 40 Jahren thematisiert die Ökumenische FriedensDekade diese Frage, um einen Beitrag zur Vertiefung des christlichen Friedenszeugnisses zu leisten. In diesem Jahr lautet ihr Motto „Reichweite Frieden“ und umfasst den Zeitraum vom 7. bis zum 17. November (siehe: www.friedensdekade.de; www.ekd.de/bittgottesdienst2021). Die schöne Vorstellung, dass der Friede weit reicht, wird im Begleitheft zur FriedensDekade mit der Vaterunserbitte „Dein Reich komme“ (Mt 6,10) in Beziehung gesetzt. Eine Bitte, die auf den Sohn Gottes blicken lässt, der in seinem Reden und Handeln das Reich Gottes auf Erden hat Wirklichkeit werden lassen. Ein Aufruf an mich selbst, Christi Geist zu vertrauen, den Blick über die eigene Fußspitze hinaus zu wagen, weil aus der kleinsten Handlung der Zuwendung Großes entstehen kann. Eine Hoffnung, die uns begleiten und stärken kann, nach Gottes Frieden zu trachten und ihn in unseren menschlichen Möglichkeiten umzusetzen.

 

Beatrix Eulenstein ist Pfarrerin für sozial-diakonische Aufgaben im Ev. Kirchenkreis Halle