Wort zum 17. Sonntag nach Trinitatis, 18. September 2016
Wenn Sie in einer existentiellen Notlage wären, würden Sie von demjenigen, den Sie um Hilfe bitten, hören wollen: „Ich bin nicht zuständig!“? Würden Sie hören wollen: „Ich kann nicht die ganze Welt retten!“?
Selbst Jesus meinte das zunächst, er sei nicht für alle zuständig. Sein Auftrag gelte nur seinem eigenen Volk. Und dann kommt diese Frau, Ausländerin, und lässt ihn einfach nicht in Ruhe. Sie schreit ihm nach, bittet um Hilfe für ihre erkrankte Tochter. Sie bettelt darum, Gehör bei ihm zu finden. Und er? Er reagiert einfach nicht, er ignoriert sie. Seine Jünger halten ihre Aufdringlichkeit nicht aus und bitten ihn: Stell sie doch zufrieden, damit sie geht, damit wir endlich wieder unsere Ruhe haben.
Aber so einfach kann Jesus es sich nicht machen. Er will sich ja nicht selbst einen Vorteil verschaffen und sei es nur eine nötige Ruhepause. Sondern sein Handeln ist durchaus begründet: „Mein Auftrag ist es, meinem Volk von der großen Güte Gottes zu erzählen und sie weiterzugeben.“ Aber wie groß die Liebe Gottes ist, wie groß Gottes Güte ist, das begreift er erst in dem Moment, in dem diese Fremde ihn die Größe Gottes erkennen lässt: „Ja,“ bestätigt ihm die Frau, „du hast recht. Manche haben ältere Rechte, manche haben den Platz am reichgedeckten Tisch sicher. Aber alle, auch die Hunde unter dem Tisch, und auch die, die am Rand stehen, gehören dazu. Denn Gott ist großherzig, es reicht für alle.“ Und Jesus staunt und lernt: Ja, es reicht für alle. Gottes Güte reicht für alle.
Noch einmal gefragt: Wenn Sie in einer existentiellen Notlage wären, würden Sie von demjenigen, den Sie um Hilfe bitten, eine Ablehnung hören wollen: „Ich bin nicht zuständig, ich kann schließlich nicht die ganze Welt retten!“?
Nein, niemand kann die ganze Welt retten. Aber wenn wir nicht mehr wissen, wohin wir uns sonst wenden sollen, dann bauen wir darauf, dass uns jemand hilft. Vielleicht deshalb hilft, weil er von der Güte Gottes überzeugt ist und sie selbst erfahren hat.
Gottes Liebe überwindet Grenzen, anders ist sie nicht zu haben. Gott sei Dank.
von Silvia Schultz, Pfarrerin in Borgholzhausen